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Parteichef Alexander Gauland und der Thüringer Landeschef Björn Höcke.
© AFP

Parteitag in Augsburg: AfD steuert auf Zerwürfnis in der Sozialpolitik zu

Die Sozialpolitik könnte sich als große Bruchlinie in der AfD herausstellen. Auf dem Parteitag in Augsburg wagt AfD-Rechtsaußen Höcke einen Vorstoß.

Es ist für Björn Höcke auch ein Stimmungstest. „Setzen wir dieses wichtige Zeichen. Zeigen wir, dass die AfD die Partei des solidarischen Patriotismus ist!“, ruft der umstrittene Thüringer AfD-Chef. Höcke will, dass die Delegierten auf dem AfD-Bundesparteitag in Augsburg für seinen Antrag stimmen, im kommenden Jahr einen Parteitag zur Sozialpolitik abzuhalten. Bekommt er dafür die Mehrheit?

Die Frage der Sozialpolitik kristallisiert sich immer mehr als die große Bruchlinie in der AfD heraus. Wirtschaftsliberale wie die Fraktionschefin Alice Weidel stehen denen gegenüber, die Nationalismus mit einer wirtschaftlich linken Politik verknüpfen möchten. Das sind vor allem die Anhänger des „Flügels“ um Höcke. Sie wollen soziale Gerechtigkeit - nur für Deutsche.

Doch auch Mitglieder des Bundesvorstands wie Kay Gottschalk und Guido Reil, beide ehemalige SPD-Mitglieder, glauben, dass sich die Partei stärker in der Sozialpolitik profitieren sollte. Nicht wenige in der AfD finden, dass die Partei die SPD als direkte Konkurrenz begreifen sollte. Vom „kleinen Mann“ und „einfachen Arbeitnehmer“ ist bei den Rechtspopulisten derzeit häufig die Rede.

Es stehen Landtagswahlen an

Der Brandenburger Landeschef Andreas Kalbitz, ebenfalls ein „Flügel“-Mann, ruft: „Ich kann das Gerede von der jungen Partei nicht mehr hören. Wir können uns keine Konzept und Programmlücken in wesentlichen Themen mehr leisten.“ An den Wahlkampfständen müsse man Antworten – etwa zum Thema Rente – haben. Im kommenden Jahr werden in Thüringen, Brandenburg und Sachsen Landtagswahlen stattfinden, dabei soll auch Altersarmut eine Rolle spielen.

Höcke setzte sich dann am Samstag auch mit seiner Forderung durch: Mehr als die Hälfte der Delegierten stimmte dafür, dass der Bundesvorstand sich um die Ausrichtung eines Sozialpolitik-Parteitags im kommenden Jahr kümmert. Die Partei wird sich dann zwischen den wirtschaftlich fundamental unterschiedlichen Positionen entscheiden müssen – und es könnte zum Bruch zwischen den Flügeln kommen. Denn es geht Höcke um nicht weniger als eine Neuausrichtung der Partei.

Auf dem Parteitag schaltete sich auch Parteichef Jörg Meuthen in die Debatte ein. Um ihn war es in letzter Zeit auffällig still, er sitzt als Nachrücker im EU-Parlament. In der Partei wurden Stimmen laut, Meuthen nehme seine Führungsrolle nicht wahr. Auf dem Parteitag wollte Meuthen nun mit einer Grundsatzrede zur Rentenpolitik punkten, die als eine der größten Lücken im AfD-Programm gilt.

Rentenzuschüsse - nur für Deutsche

In den vergangenen Wochen waren zunächst mehrere Rentenkonzepte aus verschiedenen Flügeln der Partei publik geworden. Für Aufregung hatte das der Thüringer AfD-Fraktion gesorgt, das von Höcke und dem thüringischen Bundestagsabgeordneten Jürgen Pohl vorgestellt wurde. Dieses sieht eine Anhebung des Rentenniveaus sowie eine Bürgerversicherung vor, in die auch Beamte und Selbstständige einzahlen. Zuschüsse für niedrige Renten solle es ebenfalls geben – aber nur für Deutsche. Scharfe Kritik daran äußerte unter anderem der Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Zwei weitere Rentenkonzepte waren von den AfD-Bundestagsabgeordneten Uwe Witt und Markus Frohnmaier gekommen.

Für Meuthen bedeutete seine Rede eine Gratwanderung: Er gilt als wirtschaftsliberal, ist aber auf die Unterstützung des „Flügels“ angewiesen. Er lobte den Fleiß der anderen Konzeptersteller. Stellte aber ein Konzept vor, das er „freiheitlich“ nennt: Die Menschen sollten Schritt für Schritt in eine „selbstgewählte, freie Form ihrer Altersvorsorge“ entlassen werden. Der Staat solle nur diejenigen mit Steuermitteln unterstützen, die das nicht schafften. Das kommt einer Abschaffung der gesetzlichen Rente gleich. Der Applaus für Meuthens Rede war dürftig. Er versuchte dann im zweiten Teil mit Migrationspolitik zu punkten – und forderte unter dem Jubel der Delegierten eine „Festung Europa“.

Gauland vergleicht Merkel mit Honecker

Welche wirtschaftspolitischen Vorstellungen sich am Ende durchsetzen werden, ist unklar. Das Kalkül des Höcke-Flügels ist es, dass der Sozialpolitik-Parteitag im Hinblick auf die dann herannahenden Landtagswahlen im Osten den Wünschen der jeweiligen Landesverbände anschließen wird. Aber auch die Wirtschaftsliberalen werden nicht kampflos aufgeben – für einige von ihnen wäre eine Wirtschaftspolitik, wie sie sich Höcke und Co. vorstellen, ein Grund, aus der AfD auszutreten.

Parteichef Alexander Gauland bewegte sich unterdessen in seiner Rede auf für AfD-Verhältnisse sicherem Terrain. Die Ergebnisse des EU-Gipfels kritisierte er als „totale Luftnummer“, sie führten nur in eine weitere „Warteschleife“. Gauland warnte vor einem „Bevölkerungsaustausch“ durch die Aufnahme von Asylbewerbern. Der CSU- Vorsitzende Horst Seehofer solle sich um Deutschland verdient machen, indem er Merkel stürze. Gauland sagte, er fühle sich derzeit an die „letzten Tage der DDR“ erinnert. Er sprach von der deutschen Regierung als „Regime“, vom „Brüsseler Kreml“, und verglich die Kanzlerin mit Erich Honecker.

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