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Jens Maier, Richter am Landgericht Dresden und Bundestagskandidat der AfD, im Januar auf dem AfD-Landesparteitag in Klipphausen (Sachsen)
© Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild
Update

Jens Maier aus Sachsen: AfD-Politiker äußert Verständnis für Rechtsterrorist Anders Breivik

Jens Maier, AfD-Bundestagskandidat und Richter, meint, Anders Breivik sei "aus Verzweiflung heraus zum Massenmörder geworden". Die Justiz in Sachsen prüft seine Äußerungen.

Jens Maier hat in den vergangenen Wochen schon häufig von sich reden gemacht. Der Richter am Landgericht Dresden und AfD-Bundestagskandidat war Mitte Januar Vorredner des thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke im Dresdner Brauhaus Watzke. Er erklärte dort den Schuldkult für "endgültig beendet" und sprach über eine "Herstellung von Mischvölkern".

Auf Facebook hetzte er immer wieder gegen Muslime, nannte sie unter anderem "Gesindel" und "Schleiereulen". Im März rühmte er sich bei einer Rede in Freital, als "kleiner Höcke" zu gelten.

Nun hat Maier noch einmal draufgesattelt, am Mittwochabend bei einer Veranstaltung des rechten "Compact"-Magazins im Gasthof Heidekrug in Cotta bei Pirna. Die Journalisten Robert Kiesel vom "Vorwärts" und Tilman Steffen von "Zeit online", die die Veranstaltung im Livestream verfolgten, berichten übereinstimmend, dass Maier - Listenplatz zwei auf der sächsischen Liste zur Bundestagswahl - die Mordserie des norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik relativiert habe. "Breivik ist aus Verzweiflung heraus zum Massenmörder geworden", zitiert der "Vorwärts" den AfD-Politiker.

Maier habe zudem das Buch "Europa verteidigen" des Bloggers "Fjordman" als Anstoß seiner politischen Betätigung bezeichnet. Auch Breivik hatte in seinem 1500-seitigen "Manifest" Beiträge von Fjordman zitiert. Breivik hatte 2011 im Zentrum der norwegischen Hauptstadt Oslo eine Autobombe gezündet und danach auf der Ferieninsel Utoya 69 Menschen erschossen, überwiegend Gäste eines Feriencamps der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Norwegens. Insgesamt starben 77 Menschen.

Hat Maier gegen das Mäßigungsgebot verstoßen?

Der Präsident des Landgerichts Dresden, Gilbert Häfner, hatte bereits im Januar nach der Rede von Maier im Brauhaus Watzke angekündigt, disziplinarrechtliche Schritte gegen den aus Bremen stammenden Richter prüfen zu wollen, der seit Anfang der 1990er Jahre in Sachsen tätig ist. Auf die Frage nach Konsequenzen wegen der Äußerungen zu Breivik verwies Gerichtssprecherin Corinna Michaelis nun auf diese Erklärung zur Rede vom 17. Januar, in der es hieß: "Bei den Äußerungen handelt es sich um die private Meinung von Herrn Maier, die nicht die Meinung des Landgerichts widerspiegelt. Im Rahmen der Dienstaufsicht wird geprüft werden, ob der Richter mit seinen Äußerungen das auch im privaten Bereich geltende Mäßigungsgebot (§ 39 des Deutschen Richtergesetzes) verletzt hat." In Paragraph 39 heißt es: "Der Richter hat sich innerhalb und außerhalb seines Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird."

Die neuen Äußerungen von Maier bei der "Compact"-Veranstaltung werden nun in diese Prüfung einbezogen. Michaelis sagte: "Alles ist Gegenstand, und damit auch dieser Auftritt in Pirna." Bereits im Januar hatte sich Maier in einem Verfahren über eine Broschüre über Rechtspopulisten selbst für befangen erklärt. Wenige Tage später entzog ihm das Landgericht die Zuständigkeit für Medien- und Presserecht sowie für Verfahren, die den Schutz der persönlichen Ehre betreffen. Maier ist weiter zuständig für Berufungen bei Verfahren zu Verkehrsunfällen und allgemeinen Zivilsachen.

Maier gehört in Sachsen zu den prominenten Gegnern von AfD-Bundes- und Landeschefin Frauke Petry, die die sächsische Landesliste zur Bundestagswahl anführt. Im Gasthof Heidekrug zeigte er sich erleichtert, dass sich Petry nicht mehr für das Spitzenteam zur Bundestagswahl bewirbt.

Gegner Maiers drohen mit Parteiausschlussverfahren

In der Partei wird Maier nun erneut kritisiert. "Spiegel online" zitiert AfD-Landesvorstandsmitglied Carsten Hütter: "Das Video der Veranstaltung muss unbedingt ausgewertet werden. Sollten die Zitate stimmen, müssen wir Konsequenzen ziehen. Dann wäre der Parteiausschluss die einzige richtige Reaktion." Ähnlich habe sich Landesvorstand Mario Assmann geäußert.

Sachsens AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer - Vertrauter von Parteichefin Petry - wollte sich zunächst nicht äußern. Die Rede von Maier liege ihm noch nicht schwarz auf weiß dokumentiert vor, sagte er auf Tagesspiegel-Anfrage zur Begründung.

"Compact" sperrt Video von der Veranstaltung

Das Magazin "Compact", das die Veranstaltung übertragen hatte, stellte das Video der Veranstaltung auf "privat", es war damit nicht mehr öffentlich einsehbar. Am Freitag behauptete das neurechte Magazin auf seiner Onlineseite, "Lügenpresse und Petry-nahe Kreise in der AfD" versuchten, bei Maier ein "Verständnis für Massenmörder Breivik" zu konstruieren. "Ein durchsichtiger Versuch, Dinge aus dem Zusammenhang zu reißen und mit Dreck zu werfen – man kennt das vom Höcke-Bashing." Dass Maiers Satz zu Breivik so gefallen ist wie vom "Vorwärts" und vom "Zeit online"-Journalisten Steffen zitiert, bestreitet "Compact" nicht.

Maier selbst droht laut "Spiegel online" seinen Gegnern in der AfD. Er beteuert: "Ich habe die Taten von Breivik weder entschuldigt, noch verharmlost." Er habe für den Täter auch kein Verständnis, sondern lediglich nach einer "Erklärung" für die furchtbaren Taten gesucht. Und: "Wenn Äußerungen, ohne zu überprüfen, was wirklich gesagt und gemeint wurde, gegen mich verwendet werden, wird dieser Schuss nach hinten losgehen."

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