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Bundesfinanzminister Olaf Scholz bringt den Etat 2020 am Mittwoch ins Kabinett ein.
© imago images / photothek

So spart Olaf Scholz: Abschied aus dem haushaltspolitischen Paradies

Der Bundesfinanzminister legt einen neuen Etat und eine neue Finanzplanung vor. Der wesentliche Punkt: Die Ausgaben wachsen langsamer als in den Vorjahren.

Im Bundesfinanzministerium ist man noch ganz munter. „Wir sind von einer Katastrophe weit entfernt, wir wachsen“, heißt es dort mit Blick darauf, dass die Wachstumsdelle in diesem Jahr die Aufstellung des Etats für 2020 etwas schwieriger macht als all die Jahre zuvor. In denen das Steuergeld nur so hereinfloss. In denen es Überschüsse gab.

Das haushaltspolitische Paradies, sozusagen. Was möglicherweise die Sitten etwas verdorben hat in der Bundesregierung. Die Minister haben sich durchweg mehr gewünscht, als zu verteilen war. Was dazu führte, dass Finanzminister Olaf Scholz und sein Haushaltsstaatsekretär Werner Gatzer etwas strenger aufgetreten sind, als Vorgänger Wolfgang Schäuble das zu tun hatte - der das Verhandeln ja auch schon Gatzer überlassen hatte, der seit Jahren als eine Art Leitender Etatdirektor des Bundes fungiert.

Gatzer nicht zuletzt ist ein Mann, der Haushaltsstabilität über alles stellt und das Verfahren eingeführt hat, dass das Finanzministerium vorab die Summen nennt, die ein Ressort ausgeben kann – das dann wiederum, anders als früher, im Detail mehr selbst entscheiden darf.

Auch wenn das Wachstum schwächelt (1,0 Prozent erwartet die Regierung, nach 1,8 Prozent noch im Herbst) und die Steuereinnahmen deswegen etwas geringer ausfallen werden als bislang geplant – der Deckel bleibt auf dem Topf.

Ausdrücklich als „oberstes Ziel“ der Bundesregierung betrachtet das Bundesfinanzministerium die Koalitionsvereinbarung, alle Haushalte bis 2021 ohne neue Schulden abzuschließen. Man kann die Folgen dessen in der Finanzplanung sehen: Die Wachstumsraten im Etat nehmen deutlich ab. Schloss der Bund 2018 noch mit einem Plus von 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr und mit einem satten Überschuss, so werden es 2020 nach Plan nur noch 1,7 Prozent sein.

Im Jahr darauf soll es nur noch ein Prozent werden (immerhin das nächste reguläre Wahljahr), 2022 nimmt man sich 1,6 Prozent mehr vor, 2023 dann wieder nur 0,9 Prozent. In absoluten Zahlen heißt das: Der Bundesetat wird von 356,4 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 375,1 Milliarden Euro im Jahr 2023 wachsen. Ein Plus von 5,2 Prozent mithin. Zum Vergleich: Von 2014 aus 2018 betrug der Zuwachs fast 18 Prozent.

Gute Beschäftigung = gute Einnahmen

Aber noch bedeuten die gute Beschäftigungslage und die geringe Arbeitslosigkeit, auch die relativ hohen Tarifabschlüsse der jüngsten Zeit, dass die Steuereinnahmen nicht einbrechen werden. Weder eine Neuverschuldung noch das Kürzen von Ressortetats sind daher nötig aus Sicht des Finanzministeriums.  Es soll auch nicht gespart werden: Im neuen Planungszeitraum bis 2023 sollen sich die Investitionen des Bundes auf 158 Milliarden Euro addieren. Das seien fast 37 Milliarden Euro mehr als in der Wahlperiode bis 2017, heißt es. Für Digitalisierungsprojekte soll sogar mehr Geld fließen: Neben den vier Milliarden für den Breitbandausbau zunächst eine Milliarde Euro für die Förderung künstlicher Intelligenz in diesem und im kommenden Jahr.

Auch die Streichung des Solidaritätszuschlags für 90 Prozent der Zahler ab 2021 haben Scholz und Gatzer Vorsorge getroffen, ohne dass es die Planung verhagelt. Die Grundrente ist allerdings in den Eckwerten, die der Bundesfinanzminister am Mittwoch ins Kabinett einbringen wird, noch nicht enthalten. Der Grund: Man weiß noch nicht, wie teuer sie wird. Irgendwo zwischen der mittleren einstelligen Milliardensumme, die Arbeitsminister Hubertus Heil für den SPD-Plan einer höheren Mindestrente für langjährig Beschäftigte ausgeben möchte, und den am Wochenende bekannt gewordenen etwa 600 Millionen Euro, die der CSU-Plan für einen Rentenrettungsschirm, der allein Beziehern von Grundsicherung zugute käme, wird die Summe liegen.

Sie muss noch zusammengekratzt werden. Dass die einzelnen Ministerien jetzt angehalten sind, bis zum endgültigen Regierungsentwurf im Juni in ihren Etats mal zuschauen, was nicht so dringend ist, kann dafür Spielraum schaffen. Von 2,5 Milliarden Euro ist die Rede, die derzeit noch nicht gedeckt sind. In die Etatverhandlungen ging das Finanzministerium mit der Ansage, dass im kommenden Jahr und dann bis 2023 wegen der geringeren Einnahmenentwicklung 25 Milliarden Euro weniger als bisher geplant ausgegeben werden können.

Und für mehr Rüstungsausgaben?

Ein heikler Punkt dieser Haushaltsplanung bleibt der Verteidigungsetat. Er wächst zwar im nächsten Haushaltsplan um 6,2 Milliarden Euro gegenüber 2018 – also von 38,9 Milliarden auf 45,1 Milliarden Euro. Damit steigt die sogenannte Nato-Quote von 1,25 Prozent der Wirtschaftsleistung auf 1,37 Prozent. 1,5 Prozent hat Kanzlerin Angela Merkel den Bündnispartnern in Aussicht gestellt, eine Vereinbarung innerhalb der Nato lautet, die Mitglieder sollten sich der Zwei-Prozent-Marke annähern.

Aber wenn Scholz am Mittwoch im Kabinett seinen Plan vorlegt, wird es nicht darauf hinauslaufen: Bis 2023 fällt die Nato-Quote wieder auf 1,25 Prozent zurück. Das heißt nicht, dass die Ausgaben sinken, denn das Bruttoinlandsprodukt wächst ja – aber die Rüstungsausgaben wachsen eben nicht entsprechend. „Wir fahren auf Sicht“, heißt es dazu im Finanzressort. Will heißen: Für höhere Quoten sollen andere verantwortlich sein.

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