Bundeshaushalt 2020: Koalitionsstreit um das Loch im Etat
Sind es 25 Milliarden Euro oder gar 50 Milliarden? Sicher ist nur: Wegen der schwächeren Konjunktur ist nicht alles möglich, was Union und SPD sich wünschen.
Am kommenden Mittwoch geht es ums große Geld im Bundeskabinett: Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wird dann seinen Haushaltsentwurf für 2020 präsentieren. Seit Wochen ringt er mit den Kabinettskollegen um die Einzeletats. Mit den einen mehr, mit anderen weniger. Denn eines gilt immer, egal wer regiert: Die Ministerien würden gern mehr ausgeben, als ihnen der Finanzminister in den Entwürfen für die Eckwerte zunächst zuteilt. Allen ist das Plus zu gering oder, falls es überhaupt dazu kommt, das Minus zu groß. Um letzte Zwistigkeiten auszuräumen und einen Blick in die Zukunft zu tun, sollte der Bundeshaushalt 2020 am Donnerstagabend auch im Koalitionsausschuss Thema werden, der obersten Schlichtungsrunde für Koalitionskonflikte – die pünktlich zum einjährigen Jubiläum der Regierung zusammenkommt.
Die Großbaustelle im Etat für 2020 ist die Bundeswehr. „Mehr Personal, beste Ausbildung und moderne Ausstattung bei der Bundeswehr durch einen höheren Verteidigungsetat“, lautet das Versprechen im Koalitionsvertrag. In Verbindung mit einer Erhöhung des Entwicklungsetats gehört das Vorhaben auch zu den „prioritären“ Aufgaben, die auf jeden Fall, unabhängig von der Einnahmenentwicklung, angegangen werden sollen. Zwei Milliarden Euro stehen dafür zusammen in der Prioritätenliste. Konkreter wird der Koalitionsvertrag nicht. Kein Wunder also, dass sich der Streit um die tatsächliche Erhöhung des Wehretats seit Monaten hinzieht. Die Union will mehr, auch mit Verweis auf die der Nato zugesagte Ausgabenquote von zwei Prozent der Wirtschaftskraft, von der man mit geplanten 1,35 Prozent weit weg ist. Die SPD bremst. Zwischenzeitlich waren von der Leyen und Scholz weit auseinander. 47,2 Milliarden Euro wollte die Verteidigungsministerin, 44,7 Milliarden hatte Scholz in die Eckwerte geschrieben. 43,2 Milliarden Euro stehen im Etat für das laufende Jahr. Wie hoch das Plus im Regierungsentwurf am Ende sein wird, ist nun Sache der Koalitionsspitzen.
Wie entwickeln sich die Einnahmen?
Allerdings ist das große Problem, vor dem die Koalition steht, gar nicht die Serie von Einzelscharmützeln um den Haushalt 2020. Es ist die Einnahmenentwicklung, die immer mehr in den Vordergrund rückt. Denn die Konjunktur wird schwächer, das Wachstum verlangsamt sich deutlicher als noch vor einem Jahr angenommen. Zuletzt nahm die Regierung ihre Wachstumserwartung für 2020 schon recht drastisch von 1,8 Prozent auf ein Prozent zurück. Neuere Prognosen von Wirtschaftsinstituten sind schon unter diese Marke gefallen. Ausgehend von dem einen Prozent hat Scholz bereits eine Mindereinnahme von fünf Milliarden Euro pro Jahr im Vergleich zum ursprünglichen Finanzplan vorgenommen. Die nächste Steuerschätzung ist Anfang Mai, und dann erst weiß man genauer, wie groß der Druck auf den Etat 2020 tatsächlich ist. Nach einer Hochrechnung der Unions-Fraktion, die auch schon den ersten Schritt zur Senkung des Solidaritätszuschlags im Jahr 2021 beinhaltet, belaufen sich die Mindereinnahmen bis 2023 nicht auf die von Scholz auf der Basis der reduzierten Wachstumsprognose kalkulierten 25 Milliarden Euro, sondern liegen etwa beim Doppelten. Dieses Haushaltsloch von 50 Milliarden Euro entsteht freilich nicht zuletzt durch den ersten Schritt beim Abbau des Solidaritätszuschlags ab 2021, ein Projekt, das vor allem der Union wichtig ist. Unklar ist, wie stark Scholz dafür schon vorbaut. Immerhin hilft dem Finanzminister, dass wegen der Konjunkturabschwächung die Europäische Zentralbank nun wohl bei Leitzinserhöhungen vorsichtig sein wird. Und das bedeutet, dass die höheren Zinskosten, mit denen Scholz bisher kalkuliert, wieder niedriger angesetzt werden können.
Mit dem Haushaltsloch, ob nun 25 Milliarden oder 50 Milliarden Euro groß, wird nun in den kommenden Monaten Politik gemacht werden. Scholz kann weitergehende Finanzierungswünsche der Union damit kontern, zumal das Baukindergeld, das große CSU-Projekt, offenbar deutlich teurer wird als gedacht. Auf der anderen Seite wird die Union stets nachfragen, wie der Finanzminister denn die von seiner Partei gewünschte Grundrente finanzieren will.