Deutsche für Klimaschutz: 70 Prozent der Wähler von Union und SPD wollen CO2-Preis
Viele Deutsche unterstützen Ausgaben für den Klimaschutz. Sie sollen allerdings sozial verträglich sein und Menschen mit geringem Einkommen nicht belasten.
Dass Union und SPD den CO2-Ausstoß im Verkehr- und Wärmebereich verteuern wollen, gilt als gesetzt. Für die Maßnahme bekommen sie nun Rückenwind aus der Bevölkerung: Über 70 Prozent der CDU/CSU- und SPD-Wähler sind dafür, einen CO2-Preis festzulegen, sofern er sozial verträglich ist und Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen nicht belastet, wie eine landesweite Insa-Umfrage im Auftrag der Bürgerbewegung Avaaz zeig, die dem Fachdienst Tagesspiegel Background exklusiv vorliegt.
Insgesamt unterstützen knapp über 60 Prozent der Befragten einen CO2-Preis. In den westdeutschen Bundesländern ist die Zustimmung zu einem CO2-Preis mit insgesamt knapp mehr als 60 Prozent nur etwas höher als in den ostdeutschen Bundesländern mit knapp 55 Prozent.
Die hohe Zustimmung in den ostdeutschen Bundesländern könnte sich damit erklären, dass Berlin dazugezählt wird. Denn es ergeben sich klare Unterschiede beim Blick auf die ostdeutschen Bundesländer: In Berlin finden mehr als 63 Prozent einen CO2-Preis gut, in Brandenburg und Sachsen dagegen weniger Menschen (51 und 44 Prozent).
Am Donnerstagabend soll der Koalitionsausschuss festlegen, wie genau CO2 im Verkehrs- und Wärmebereich zusätzlich bepreist werden soll. Die SPD scheint mittlerweile von ihrer ursprünglichen Forderung nach einer CO2-Steuer abgerückt. Die Union will einen nationalen Emissionshandel im Verkehrs- und Wärmebereich, wenngleich mit Preisdeckel. Die Zeichen stehen nun auf Einführung eines Mischsystems aus beiden Instrumenten. Was das System wirklich für die Klimaziele bis 2030 bringt, hängt freilich davon ab, wie schnell es umgesetzt werden kann und wie hoch der Einstiegspreis für CO2 ist.
Schüler fordern Preisziel bis 2030
Nach dem Einstiegspreis wurden die Umfrageteilnehmer allerdings nicht gefragt. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte verschiedene Studien präsentiert, die mit einem Einstiegspreis von 35 Euro pro Tonne CO2 rechnen. Klimaökonom Ottmar Edenhofer vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) schlägt einen Preis vor, der 2020 bei 50 Euro beginnt.
Das Umweltbundesamt rechnet mit 180 Euro Schaden, die pro Tonne CO2 entstehen – diesen Preis fordern auch die Schüler von Fridays for Future als Preisziel bis 2030. Am Freitag, parallel zur letzten Sitzung des Klimakabinetts, findet auch der Generalstreik für mehr Klimaschutz statt. Die finalen Entscheidungen dürften dann aber längst gefallen sein.
Hohe Zustimmung zu Klimaschutzgesetz
Die Insa-Umfrage im Auftrag von Avaaz zeigt zudem, dass 70 Prozent der Deutschen ein Klimaschutzgesetz befürworten, das die Einhaltung der nationalen Klimaziele sicherstellt. „Die Zustimmung zu einem verbindlichen Klimaschutzgesetz ist sogar noch höher als zum CO2-Preis. Das zeigt, dass die Deutschen klare politische Vorgaben befürworten, damit die Klimaziele 2030 auch wirklich erreicht werden“, kommentiert Daniel Boese von Avaaz die Ergebnisse. Wie genau dieses Klimaschutzgesetz allerdings ausgestaltet sein soll, dazu wurden die Teilnehmer nicht befragt.
Das Klimaschutzgesetz gilt noch als Knackpunkt in den Verhandlungen zu einem Klimapaket. Umweltministerin Schulze fordert einen Kontrollmechanismus in dem Gesetz: Ein unabhängiges Gremium soll überprüfen, wie weit die Ministerien mit der Erfüllung ihrer Klimaziele sind. Klar vorgegeben werden soll auch, welche Maßnahmen greifen, wenn die Ministerien zu wenig tun. In der Union gilt dieser Ansatz als höchst umstritten. CDU/CSU fürchten vor allem zu viel Kontrollmacht durch Umweltministerin Schulze.
Die Umfrage wurde von Insa zwischen dem 13. und 16. September als Online-Befragung an eine repräsentative Stichprobe von knapp 2000 Personen aus Deutschland ab 18 Jahren durchgeführt.