Stadtentwicklung in Berlin: 60.000 Wohnungen genehmigt - keiner baut sie
Wenn alle genehmigten Wohnungen gebaut würden, wäre die Wohnungsnot halb so schlimm. Doch das geschieht nicht - auch wegen Bauland-Spekulanten.
Der Wohnungsmarkt in Berlin könnte schlagartig entspannt werden, wenn die teilweise seit Jahren genehmigten Projekte für den Neubau von Wohnungen auch realisiert würden. Nach einer aktuellen Studie der landeseigenen Förderbank IBB könnte sofort mit dem Bau von 58460 Wohnungen begonnen werden. Das würde fast schon ausreichen, um den infolge des Zuzugs aufgestauten Wohnungsbedarf der letzten Jahre zu decken, den der Senat auf 70.000 Wohnungen beziffert.
Bauwirtschaft ist ausgelastet
Einen so gewaltigen „Bauüberhang“ hatte es nicht einmal im Bau-Boom der 1990er Jahre gegeben, vor dem Umzug der Bundesregierung nach Berlin. Trotzdem stieg der Überhang 2017 erneut um 15 Prozent. Die Volkswirte der IBB erklären das mit „Fachkräftemangel und fehlenden Kapazitäten“ der Bauwirtschaft.
Senatorin Lompscher: "Spekulation" ist schuld
Berlins Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linke), sprach von einem „alarmierenden Signal“ und erklärt die Startschwierigkeiten von Bauprojekten nicht nur mit der ausgelasteten Branche, sondern auch mit „Spekulation“. Der Wert von Grundstücken mit gültiger Baugenehmigung steige stetig, sodass Käufer diese nach Jahren mit Gewinn weiterverkaufen können, ohne das Risiko eines Bauprojektes einzugehen. „Wir brauchen auf Bundesebene weitere Maßnahmen, um die Spekulation mit Bauland und Wohnraum zu begrenzen“, sagte Lompscher. Der Senat hat bereits die Geltungsdauer von Baugenehmigungen und Vorbescheiden gesetzlich reduziert.
20.000 Wohnungen bräuchte es - 15.000 werden gebaut
Der gewaltige Anstieg des Bauüberhangs verwundert auch, weil in Berlin 2017 weniger Wohnungen genehmigt wurden als im Vorjahr. Gestiegen ist dagegen laut Amt für Statistik die Zahl der 2017 fertiggestellten Wohnungen auf 15669. Experten zufolge müssten jährlich mindestens 20.000 Wohnungen entstehen, um den Bedarf der rasch wachsenden Bevölkerung Berlins zu decken.
Verbandschefin: Bauflächen werden mehrfach angeboten
„Wir haben wenig Verständnis dafür, dass Baugenehmigungen nicht genutzt werden“, sagte der Generalsekretär der Berliner CDU, Stefan Evers. Susanne Klabe, Chefin des Wohnungsverbandes BfW Berlin-Brandenburg, zufolge wächst der Anteil spekulativ gehaltener Bauflächen. „Die laufen teils mehrfach über den Markt, weil sie keiner will, der sich regional auskennt und baut. Sie sind zu teuer und von zu schlechter Qualität“. Katrin Schmidberger, Mietenexpertin der Grünen-Fraktion, schätzt den Anteil der spekulativ verzögerten Bauvorhaben auf „20 bis 25 Prozent“.