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Die Bauindustrie leidet unter ihrem schlechtem Ruf.
© dpa

Berliner Baubranche: Bauboom sorgt für Fachkräftemangel

Berlins Bauindustrie verzeichnet zwar wachsende Umsätze, hat aber Schwierigkeiten, passendes Personal zu finden.

Die Bauindustrie in der Hauptstadt ist in der Bredouille. Einerseits können sich die Hoch- und Tiefbauunternehmen in Berlin derzeit kaum vor Aufträgen retten – der Bauboom in der Stadt wird der Branche in Berlin und Brandenburg in diesem Jahr aller Voraussicht nach ein dickes Umsatzplus von fast zehn Prozent auf insgesamt rund 7,8 Milliarden Euro bescheren. Auch die Aussichten fürs kommende Jahr sind rosig. Doch die aktuelle enorme Nachfrage für große und kleinere Bauvorhaben hat auch eine Kehrseite: Für die Unternehmen wird es wegen personeller Engpässe offenbar immer schwieriger, die zahlreichen Bauvorhaben auch umzusetzen.
Vor allem mangelt es auf den Baustellen an Fachkräften, die mindestens eine dreijährige Ausbildung am Bau durchlaufen oder ein Studium absolviert haben. „Wir stehen vor einer riesigen Herausforderung“, sagte der Präsident des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg, Marcus Becker, am Donnerstag anlässlich der Vorstellung aktueller Branchenzahlen. „Der Arbeitsmarkt ist im Moment wie leergefegt.“

Die Rente mit 63 belastet die Bauindustrie

Laut Bauindustrieverband waren in den vergangenen Monaten in der Hauptstadtregion durchschnittlich 38000 gewerbliche Arbeitnehmer in 533 Unternehmen beschäftigt. Was sich viel anhört, relativiert sich allerdings mit Blick auf Vergangenheit und Zukunft. In den 1990er Jahren gab es in dem Wirtschaftszweig in der Region noch fast doppelt so viel Personal. In den folgenden Jahren ließen der technische und demografische Wandel die Belegschaften auf dem Bau sukzessive schrumpfen. In den kommenden Jahren dürfte sich der Engpass beim Personal weiter verschärfen. Denn im Zuge der Rente mit 63 gehen in der Branche in absehbarer Zeit zahlreiche altgediente Mitarbeiter in den Ruhestand. Auf der anderen Seite gibt es nicht genügend junge Menschen, die sich für einen Beruf in der Bauindustrie entscheiden und sich dafür ausbilden lassen. Das liegt zum einen daran, dass die Branche in der Bevölkerung generell kein gutes Image hat und dem Wirtschaftszweig der Ruf des Klüngels anhaftet. Zum anderen winken viele Jugendliche dankend ab, weil sie eine Beschäftigung in der Branche wegen der oft großen körperlichen Betätigung für zu anstrengend halten.

Nachwuchsreferenten sollen für Berufe in der Baubranche werben

„Wir müssen daher jetzt und in Zukunft verstärkt für unsere Branche werben“, sagt Vizeverbandspräsident Wolfgang Frey. Gerade erst habe der Verband fünf Nachwuchsreferenten eingestellt, die der Jugend vornehmlich an Schulen die Vorzüge des Wirtschaftszweiges näherbringen sollen. Eine attraktive Vergütung sei einer der Vorteile, sagt Verbandspräsident Becker. In der Bauindustrie könne man bereits als Berufseinsteiger „gutes Geld“ verdienen: Ein Angestellter im Bauhauptgewerbe mit Masterabschluss, zu denen etwa Bauingenieure gehören, bekommt in der Hauptstadt pro Kalendermonat einen Bruttotariflohn in Höhe von 3445 Euro. Gewerbliche Arbeitnehmer am Bau wie beispielsweise Poliere kommen in Berlin auf einen Bruttostundenlohn von 16,90 Euro (siehe Tabelle).

Der hiesige Bauindustrieverband will künftig mit Sachsen und Sachsen-Anhalt kooperieren

Bei der schwierigen Suche nach Nachwuchs könnte auch eine neue, länderübergreifende Zusammenarbeit hilfreich sein: Der Bauindustrieverband der Hauptstadtregion will ab Januar mit seinen Pendants aus Sachsen und Sachsen-Anhalt kooperieren und Aktivitäten bündeln.

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