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Bekenntnis zu einem Inhaftierten: Zehntausende kamen nach Köln zu einer kurdischen Kundgebung. Ihr Held: PKK-Chef Öcalan.
© Oliver Berg/dpa

Demo in Köln: 30.000 Kurden demonstrieren für PKK-Chef Öcalan

Ende Juli verwandelten Erdogan-Anhänger das Rheinufer in ein rotes Flaggenmeer. Jetzt demonstrierten Erdogan-Gegner in gelb für die Freilassung des PKK-Anführers.

Vor fünf Wochen stand am Kölner Rheinufer eine große Bühne, und jetzt ist sie wieder da, an genau der gleichen Stelle. Die Absperrungen sind zurückgekehrt, die Polizeiautos, der Hubschrauber - und auch die Flaggen. Nur sind sie jetzt nicht mehr rot, sondern gelb. Zitronengelb mit dem Bildnis von Abdullah Öcalan in der Mitte.

Der Anführer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK ist hier der Held - so wie es vor fünf Wochen der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan war. Immer wieder skandiert die Menge: „Freiheit für Öcalan!“ Seit vielen Monaten gibt es kein Lebenszeichen mehr von dem Mann, der auf der türkischen Insel Imrali eine lebenslange Haftstrafe absitzt. 

Gelöste Stimmung

Am letzten Sonntag im Juli hatten in Köln Zehntausende Anhänger Erdogans die türkische Flagge geschwenkt. Jetzt sind seine Gegner an der Reihe, schätzungsweise 30.000. Die Stimmung bei ihnen ist gelöster. Ein Stück weit von der Bühne entfernt erinnert die Veranstaltung eher an einen Döner-Wettbewerb als an eine politische Kundgebung: Da dreht sich der Fleischspieß aus Hannover neben dem aus Hildesheim neben dem aus Dresden, Mannheim, Oldenburg - das Angebot ist wirklich überwältigend. Dazwischen schieben Mütter ihre Kinder im Buggy über die Wiese, weit Angereiste holen im Schatten einer Platane Schlaf nach. „Ich bin hier für die Party, nicht für die Politik“, sagt Salim, ein syrischer Kurde, der in Belgien Zuflucht gefunden hat.

In Deutschland verboten

Die Politik ist gleichwohl unübersehbar. Ein überdimensionales Bild von PKK-Chef Öcalan schmückt die Bühne. Das ist rechtlich zulässig - Symbole der PKK dürfen dagegen nicht gezeigt werden, wie der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies noch einmal klarstellt. Die PKK ist in Deutschland verboten und hat sich gerade in jüngster Zeit wieder zu blutigen Anschlägen in der Türkei bekannt.

Wenn man die Teilnehmer darauf anspricht, bekommt man immer dieselbe Antwort: „Wer Gewalt sät, wird Gewalt ernten.“ Nicht die Kurden hätten den friedlichen Dialog beendet, sondern Erdogan. Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger erzählt von einem Besuch in der südosttürkischen Kurdenmetropole Diyarbakir: „Ich habe dort Frauen getroffen, die mit den Bildern ihrer 17-, 18-jährigen Söhne und Töchter in großer Trauer gelaufen sind, die durften noch nicht einmal ihre Toten beerdigen.“

Solidarität von links

Aus dem Erdogan-Lager meldet sich an diesem Tag der deutsch-türkische AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroglu zu Wort. „Doppelmoral“ wirft er deutschen Medienmachern und Politikern vor. Die gleichen Leute, die die AKP-nahe Kundgebung in Köln Ende Juli kritisiert hätten, seien jetzt „vor der Demo einer Terrororganisation in derselben Stadt plötzlich verstummt“, kritisiert Yeneroglu. „Wo sind die Politiker, die nicht wollen, dass externe Konflikte in Deutschland ausgetragen werden?“ Die Antwort darauf ist wohl, dass die Kurden von vielen als die Unterdrückten wahrgenommen werden. Vor allem linke Gruppen und Parteien in Deutschland sind ihnen seit langem verbunden.

Zu den Rednern in Köln gehört an diesem Samstag auch der Boxer Ismail Özen (35). Er weiß, was die Kurden bewegt, aber als gebürtiger Hamburger kann er auch einschätzen, womit man beim deutschen Publikum am ehesten punkten kann. „Angela Merkel sollte nicht wegen der Flüchtlinge vor Erdogan in die Knie gehen“, sagt er hinter der Bühne. „Erdogan ist gar nicht so stark. Und wenn ein Frieden zwischen der Türkei und den Kurden zustande käme, dann würde das auch die Flüchtlingssituation sofort sehr entspannen.“ Christoph Driessen/dpa

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