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Jens Spahn will die Rente mit 63 abschaffen.
© Axel Schmidt/Reuters

Vorstoß von Jens Spahn: Warum die Rente mit 63 abgeschafft werden kann

Mit der neuen Koalition will Jens Spahn der Rente mit 63 an den Kragen. Gut so. Mit der Kritik daran stellt die SPD eigene Grundsätze in Frage. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Friedhard Teuffel

Es war nicht alles schlecht an der großen Koalition, aber eben auch nicht alles gut. In dieser Auffassung setzt sich Jens Spahn von der Kanzlerin ab, die bisher noch nicht all zu viel Verbesserungspotenzial zu sehen scheint. Spahn hat jedenfalls einen Irrtum der alten Regierung eingeräumt: die Rente mit 63. Die will er gerne mit der neuen Regierung abschaffen, und man kann ihm nur wünschen, dass er sich mit diesem Vorhaben durchsetzt.

Die Rente mit 63 wurde von der SPD als große sozialpolitische Errungenschaft gefeiert – ist sie aber nicht. Von ihr profitieren vor allem Männer mit langen, ungebrochenen Erwerbsbiografien, unter ihnen viele Facharbeiter. Die würden noch gebraucht, sagt Spahn. Ihnen eine vorzeitige Verrentung zu ermöglichen, mag eine Belohnung für ein fleißiges Berufsleben sein, eine großartige Maßnahme zum Ausgleich von sozialen Ungleichgewichten ist die Rente mit 63 nicht.

Es klingt daher sehr merkwürdig, dass Manuela Schwesig aus dem sozialdemokratischen Verteidigungswortschatz sofort die „soziale Kälte“ herauszieht und Spahn entgegenhält. Die Rente mit 63 ist sicher eine gute Gabe an die Mittelschicht, die sich inzwischen zur Kernklientel der SPD entwickelt hat. Aber in der Bilanz von Arbeitsministerin Andrea Nahles finden sich deutlich wertvollere Werkstücke als die Rente mit 63, etwa der Mindestlohn.

Spahn will mit dem gesparten Geld übrigens die Renten von Witwen und Erwerbsgeminderten stärken. Wäre das nicht zutiefst sozialdemokratisch? Solange die SPD  ihr eigenes Wirken reflexhaft verteidigt, anstatt bessere Vorschläge auf den Tisch zu legen, ist es doch ganz gut, dass sie sich selbst die Opposition verordnet hat.

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