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Innensenator Ehrhart Körting und Noch-Polizeipräsident Dieter Glietsch.
© dpa

Berlin blamiert sich: Posse bei der Suche nach neuem Polizeichef

Was ist eigentlich so schwer daran, einen Polizeipräsidenten für Berlin zu finden? Klare Antwort: Der bisherige war zu gut.

Gesucht wird ein diskreter, politischer Polizeichef, ein zäher Behördenleiter, nicht ein ruppiger Einsatzleiter, der mit dem Wasserwerfer herumballern will.

Der Favorit für den Posten, der frühere GSG9-Mann und spätere Bundesgrenzschutzleiter Udo Hansen, entspricht dem nicht ganz. Drei goldene Sterne mit Eichenlaub auf der Uniform zeichnen ihn zwar als den ranghöchsten der Bewerber aus; aber dass er vor Jahren, nach etlichem Radau um geplante Zäune vor Asylbewerberunterkünften, einem Toten bei einer versuchten Abschiebung und einer Versetzung nach Berlin, aus gesundheitlichen Gründen den Dienst quittierte, später dann als privater Sicherheitsberater in Saudi-Arabien wegen öffentlicher Alkoholtrinkerei des Landes verwiesen wurde, das qualifiziert ihn nicht zwingend für Berlin. Doch er hat ein SPD-Parteibuch, und die Beauftragten für Frauen und Behinderte, denen er vorgeführt wurde, hatten nichts an ihm auszusetzen.

Einer der ernst zu nehmenden Mitbewerber war Klaus Keese, Leiter der Polizeidirektion 1, Reinickendorf und Pankow. Allerdings hatte ein Anonymus versucht, Keese auf polizeibekannte Intrigantenart eine Dienstwagenaffäre anzuhängen. Es ging um Heimfahrten nach späten Repräsentationsterminen, die kleinkrämerischen Vorwürfe basierten auf einer idiotisch lückenhaften Verordnung. Keese verteidigte sich mit dem schönen Satz: "Ich arbeite von 4.15 Uhr bis 23 Uhr, ohne Überstunden abzubummeln!" Das ist zwar ehrenwert, aber: Wer will schon einen übermüdeten Polizeipräsidenten?

Die Stadt leidet auch so schon genug an seiner zuweilen arg verschnarchten Verwaltung. Oder gibt es eine andere Erklärung dafür, dass Keese nach eigenen Angaben erst am gestrigen Dienstag die offizielle Absage erhielt? Schon vor Wochen hatte Keese für diesen Fall eine Klage angekündigt; dazu kann er sich nach Eingang des Schreibens jetzt zwei Wochen Zeit nehmen. Der Senat war gewarnt.

Dennoch wurde die Benennung eines neuen Polizeipräsidenten vom Senat für denselben Tag angekündigt – und diese erst am Vorabend wieder zurückgezogen. Die frühestmögliche Neuauflage des Versuchs, einen Polizeipräsidenten zu benennen – angekündigt wurde das bereits x-mal – ist also der 31. Mai. Bloß gut, dass der Mai 31 Tage hat! Am 1. Juni ist Glietsch jedenfalls weg – und dann?

Am Dienstag wurde bekannt, dass andere Bewerber noch immer keine schriftliche Absage erhalten haben. Und jetzt? Entweder steckt hinter all dem ein Masterplan von Innensenator Ehrhart Körting, der doch noch einen Überraschungskandidaten aus dem Sumpf zieht, oder es wird richtig peinlich, für alle. Berlin dürfte weltweit die einzige Stadt sein, die es weder schafft, rechtzeitig einen guten Polizeipräsidenten zu finden, noch, die falschen Bewerber rechtzeitig wieder loszuwerden. Manchmal scheint die Politik dümmer zu sein, als die Polizei erlaubt.

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