Nach gescheitertem Volksentscheid in München: Olympia ist für Berlin eine große Chance
Der gescheiterte Olympia-Volksentscheid in München stellt für Berlin die große Chance dar, in absehbarere Zeit mal wieder das größte Sportereignis der Welt auszurichten. Und gerade Berlin würden die Olympischen Spiele unglaublich gut stehen.
Diesen Bayern fühlen sich bestimmt auch viele Berliner nahe. Olympia dürfen gern andere machen, haben die Bayern entschieden. Soll das IOC doch hingehen, wo es will mit seiner Kommerzveranstaltung, die nach zwei Wochen Frohsinn riesige Gewinne bei den Gästen vom IOC hinterlässt und riesige Schulden beim Gastgeber. Und für die Immobilienpreise kann Olympia auch nur Doping sein. Davor jedenfalls haben sich die Bayern gefürchtet.
Die Olympischen Spiele waren bisher ein schöner, weltweiter Städtewettbewerb. Alle wollten mitspielen. Doch derzeit haben in demokratischen Ländern einige keine Lust mehr aufs Dabeisein. Nicht mit diesen Regeln. Nicht mit diesem IOC. Ein Eindruck hat sich verselbstständigt: der vom korrupten internationalen Sport. Im Topf mit den Olympischen Spielen liegt auch die Fußball-WM 2022, von der Fifa in Katars Wüstensand gesetzt. Das IOC mag der etwas anständigere Zirkel sein, aber den meisten ist das schon zu viel der Differenzierung.
Münchens Nein ist Berlins Chance
Berlin sollte sich Bayern jetzt aus zwei Gründen verbunden fühlen. Zum einen wegen der Watschn gegen die Sportpolitik. Die saß. Der ganz andere und viel wichtigere Grund besteht jedoch in einer einmaligen Chance. Nur dank dieses Bürgervotums kann sich Berlin selbst noch einmal auf absehbare Zeit für Olympische Spiele bewerben. Die erste Hürde ist dabei bereits die höchste: Wie kann die Stadt ihre Bürger überzeugen, dass Olympia keine Schuldenspiele sein müssen, dass es natürlich Geld kostet und auch das IOC mitverdient, der mittel- und langfristige Gewinn aber hierbleibt?
Unsere Stadt soll schöner werden – das lässt sich mit kaum einem Ereignis so gut erreichen wie mit Olympia. München wäre ohne die Sommerspiele 1972 nie so weit gekommen. Barcelona hat sich 1992 für die Welt aufgehübscht und steht immer noch als Schönheit da. London hätte, nach seiner Beliebtheit zu urteilen, die Spiele gar nicht nötig gehabt – und war am Ende ganz berauscht davon.
Gerade Berlin würden die Olympischen Spiele unglaublich gut stehen. Die Stadt lebt nicht von Industrie oder Internet. Sie lebt von ihrem Ruf. Projekte und Ereignisse sind ihr Energielieferant und zugleich ihre Glanzlichter, mit denen sie nach draußen in die Welt funkelt. Die Geschichte des Mauerfalls wird Berlin noch eine Weile gewinnbringend erzählen können, aber im Grunde braucht die Stadt ein Kapitel Zukunft.
Olympia ist größer als das IOC
Unter den wiederkehrenden Weltereignissen sind Olympische Spiele das größte. Der Wille für eine Bewerbung muss nur stärker sein als die Wut auf Sportfunktionäre. Die Spiele sind ohnehin größer als das IOC. Sie können nicht nur von autoritären Regimen missbraucht, sondern auch von Demokratien bei kluger Planung für Maßnahmen genutzt werden, die sonst nie zustande gekommen wären. Erst das größte Wettbewerbsziel setzt Kraft und Geld frei. Alles muss bei der Eröffnungsfeier fertig sein, diesen Druck hat der Flughafen übrigens nicht. Vielleicht ist er auch deshalb noch nicht in Betrieb.
Bei der Fußball-WM 2006 hat die Welt die Deutschen neu kennengelernt – und Deutschland die Deutschen gleich mit. In 20 Jahren wird das Sommermärchen nur noch eine verschwommene Erinnerung sein. Vielleicht haben dann Tokio und andere Städte aus demokratischen Ländern der Welt gezeigt, was sich aus Olympischen Spielen alles machen lässt. Berliner können das natürlich am Fernseher verfolgen. Aber das Beste am Sport ist immer noch, selbst mitzumachen.
Friedhard Teuffel