zum Hauptinhalt
Tatort Brüssel: Vor wenigen Tagen wurden vier Menschen im Jüdischen Museum der Stadt ermordet.
© Reuters

Anschlag in Brüssel: "Gotteskrieger" stellen auch für Europa eine große Gefahr dar

Womöglich ist ein Syrien-Rückkehrer für den Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel verantwortlich, bei dem vier Menschen getötet wurden. Das zeigt: Der Islamismus bedeutet auch für Europa eine ernsthafte Bedrohung.

Er schweigt. Mehdi Nemmouche nimmt sein Recht in Anspruch, die Aussage zu verweigern. Kein Wunder. Dem 29-Jährigen wird kaltblütiger Mord zur Last gelegt. Vor wenigen Tagen soll der Franzose bei einem Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel vier Menschen getötet haben, unter ihnen ein israelisches Ehepaar. Bei Nemmouches zufälliger Festnahme in Marseille fand die Polizei unter anderem eine Kalaschnikow mit 261 Patronen und ein Bekennervideo. Darin erklärt der Mann, den Angriff im Namen der radikalen Miliz „Islamischer Staat in Syrien und Irak“ begangen zu haben.

Bestätigt sich der verstörende Verdacht, wäre Nemmouche der erste Bürgerkriegsrückkehrer, der in Europa als Dschihadist ein Attentat verübt hat. Der Albtraum aller Sicherheitsbehörden wäre wahr geworden: Ein innerer Feind macht seine alte Heimat zum Schlachtfeld des „heiligen Krieges“, unerkannt und damit unbehelligt. Experten warnen seit langem vor einem derartigen Szenario, allerdings ohne wirklich ernst genommen zu werden.

Doch die Gefahr ist so real wie groß, allen Abwieglern zum Trotz. Allein das Bundesinnenministerium geht von etwa 320 Freiwilligen aus, die derzeit in Syrien lernen, mit Waffen und Sprengstoff umzugehen. Frankreich spricht gar von 780 Menschen, die sich islamistischen Gruppen angeschlossen haben und mit einem extremistischen Weltbild zurückkehren. Dazu gehört, das macht der Anschlag von Brüssel deutlich, auch tödlicher Antisemitismus.

Mörderische Botschaft

Dass der „Gotteskrieger“ Nemmouche das Feuer in einem jüdischen Museum eröffnete, war kein Zufall. Wer eine derartige Einrichtung mit einer Kalaschnikow betritt und sofort um sich schießt, will ein Zeichen setzen: Die Juden sind mein Feind, sind der Feind aller „Gläubigen“. Und der Franzose wird gehofft haben, dass seine mörderische Botschaft ankommt. Alles an den Haaren herbeigezogen? Wohl kaum. Judenfeindschaft gepaart mit Hass auf Israel ist fester Bestandteil des militanten Islamismus.

Wie überhaupt Antisemitismus unter Muslimen weiter verbreitet ist, als manch einer wahrhaben will. Anderes zu behaupten, zeugte bestenfalls von Unkenntnis oder einem großen Willen, zu verdrängen. Der alltägliche Antisemitismus äußert sich zwar glücklicherweise selten in Gewalt, brutal bleibt er trotzdem. Es ist überfällig, dies ohne ideologische Scheuklappen zur Kenntnis zu nehmen und einzuschreiten, wo immer sich diese Art der Judenfeindschaft zeigt – auch auf dem Schulhof.

Das allein allerdings wird keinen Dschihadisten davon abhalten, in den syrischen Bürgerkrieg zu ziehen und ideologisch aufgeladen zurückzukehren. Zu einfach ist es als Inhaber eines EU-Passes, etwa über die Türkei ein- und auszureisen. Die üblichen Möglichkeiten der Kontrolle greifen hier nicht. Und sind die Kämpfer erst einmal wieder in Deutschland, Spanien oder Frankreich, können sie in der Anonymität untertauchen. Wem stehen schon 30 Polizisten zur Verfügung, um eine lückenlose Überwachung eines verdächtigen Rückkehrers zu gewährleisten? Es braucht also andere, vor allem vorbeugende Instrumente. Keine leichte Aufgabe für eine offene Gesellschaft. Aber eine notwendige.

Zur Startseite