Krieg und Diplomatie: Gespräche sind kein Selbstzweck
Der Friedensplan von Kofi Annan war offenbar erfolgreich. In Syrien wurde auf diplomatischem Weg vorerst ein Waffenstillstand erreicht. Das ist gut so - aber das wird nicht ohne Weiteres auch in anderen Krisenregionen funktionieren.
Ist Kofi Annan der Sieger des Tages? Kaum jemand hatte seiner Syrien-Mission eine Chance auf Erfolg vorhergesagt. Doch zunächst hielt der Waffenstillstand nach allem Anschein. Wie gut, dass er es versucht hat, trotz aller Bedenken. Skepsis bleibt freilich angebracht. Das Regime hat Soldaten und Panzer nicht in die Kasernen zurückbeordert. Es will keinen Dialog führen, an dessen Ende eine freiwillige Teilung der Macht steht. Sobald Blut fließt, werden die „Falken“ abermals eine Bewaffnung der Opposition wie in Libyen fordern und über die „Tauben“ spotten. Man könne solche Konflikte nicht durch Reden lösen. Verhandlungen lohnten nur, wenn sie von Druck begleitet werden: Sanktionen oder glaubwürdigem Säbelrasseln
Parallel zeigen sich im Iran und in Nordkorea Chancen und Grenzen der Diplomatie. Die Verhandlungen über Irans Atomprogramm, seine Begrenzung und internationale Inspektionen geben eher den Falken recht. Gespräche mit den Mullahs gab es seit Jahren, erreicht wurde wenig. Diesmal sind die Aussichten besser, weil die Sanktionen so verfeinert wurden, dass der Iran spürbar leidet – und weil alle verstehen, dass eine Militärintervention keine leere Drohung ist.
Anders liegt der Fall Nordkorea. Nichts und niemand kann das Regime von dem angekündigten Satellitenstart abhalten, der in Wahrheit der Test einer Trägerrakete für Waffensysteme ist. Es ist entschlossen, den 100. Geburtstag des Staatsgründers Kim Il-Sung an diesem Sonntag mit einer Machtdemonstration zu feiern. Nordkorea ist völlig isoliert und verhält sich autistisch. Es sieht nur die eigene Perspektive. Da es keinen nennenswerten Handel treibt, kann man es nicht mit Sanktionen beeindrucken. Es lässt seine Bürger eher aus Hunger sterben, als den Verzicht auf Atomwaffen und Raketen als Bedingung für Lebensmittellieferungen zu akzeptieren.
Was sind die Lehren aus den drei Fällen? Dass es sich lohnt, jeden Einzelfall mit Akribie für sich zu betrachten. Das macht es schwierig. Oft werden Verhandlungensphasen missbraucht, in dieser Zeit aufzurüsten. Das bringt westliche Regierungen in eine schwierige Lage. Die Experten können aber gut begründen, warum jeder Fall individuell behandelt werden muss. Für die Öffentlichkeiten ist das zu kompliziert. Sie reagieren mit emotionalen Reflexen, und die sind national verschieden.
Amerikaner haben ihre Weltmacht verinnerlicht und tendieren dazu, Regime, die andere bedrohen oder Absprachen brechen, zu bestrafen. Deutsche sind im Zweifel für mehr Dialog – obwohl sie die antiautoritären Prägungen in der Umgangssprache längst ironisiert haben: „Gut, dass wir mal drüber geredet haben“. Oder sie fordern „Gleichbehandlung“.
Auch das ist oft eine Ausflucht, um die komplexe Weltpolitik in scheinrationale Bahnen zu lenken. Es ist nicht logisch, Konflikte, die mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten zeigen, „gleich“ zu behandeln. Syrien ist nicht Libyen. Es gibt keine befreiten Landesteile, in denen Verfolgte Schutz finden und die als Basis für einen aussichtsreichen Marsch auf Damaskus dienen. Die meisten Deutschen spüren auch instinktiv, warum Israels Atomwaffen ihnen keine schlaflosen Nächte bereiten, iranische schon.
Gespräche sind kein Selbstzweck. Nordkorea ist die Ausnahme. Mit den Kims soll man selbst dann weiter reden, wenn es keine sichtbaren Resultate gibt. Dialog ist die einzige Hoffnung, dass das Regime, wenn es eines Tages stürzt, die Panzer in den Kasernen und die Raketen in den Silos lässt – wie 1989 in Europa.
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