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Horst Seehofer zeigte sich sehr zufrieden mit seinem Gesetz.
© Kay Nietfeld/dpa

Seehofers neues Abschiebegesetz: Geordnete Rückkehr ins Weiter-so

Abschiebegesetz folgt Abschiebegesetz. In Sachen Asyl stellt sich die deutsche Politik gern dümmer, als der Stand ihrer Erkenntnis erlaubt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Andrea Dernbach

Der Weg der Asylgesetzgebung scheint immer nur eine Richtung zu kennen: zurück und abwärts. Und ein Tempo: prestissimo. Mehr als zwanzig neue Gesetze allein zur Migration hat die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl in den vergangenen vier Jahren gezählt.

Das letzte Gesetz, das Abschiebungen erleichtern sollte, wurde erst vorletztes Jahr ins Werk gesetzt, schon präsentiert der nächste Minister ein neues. Manches habe eben „in der Praxis nicht immer den gewünschten Erfolg“. Konsequenz daraus: weiter so. Auch wenn das neue Gesetz natürlich ebenfalls „keine Komplettlösung für alle Probleme“ sei.

Die Zitate stammen aus einem „FAQ“-Bogen der Fragen, die das Bundesinnenministerium für die dringendsten zu seinem „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ hält und am Mittwoch an die anwesenden Journalistinnen und Journalisten verteilte.

Eine Komplettlösung müsste anders beginnen: Ohne Notstandsgerede - auch im neuen Gesetz wird wieder eine angebliche Notlage bemüht - und der Besinnung darauf, was Deutschland in langen Jahren Einwanderungserfahrung gelernt hat. Beispiel Duldung: Bis in die Reihen der Unionsfalken hatte es sich herumgesprochen, dass unsere Gesellschaft heute die Folgen jener Kettenduldungen zahlt, die jahrzehntelang Menschen in Unsicherheit hielten, ob sie hier eine Perspektive haben, die ihnen das Arbeiten verbot und sie zu Außenseitern machte.

Welchen Schluss zieht Seehofers „Geordnete Rückkehr“ (die Bevormundung der Bürgerintelligenz, die in solchen Namen steckt, ist ein eigenes Kapitel) daraus? Es erschafft den erbärmlichen Status neu, diesmal als Strafe. Wer seine Identität verschleiert, darf weder arbeiten noch da wohnen, wo er oder sie einen Ort findet, und bekommt selbst langen tatsächlichen Aufenthalt in Deutschland nicht anerkannt.

Bubis sah einst Brandstifter ermutigt

Beispiel Sachleistungen statt Geld: Da bekannte der Minister gutgelaunt, er habe darauf nur verzichtet, weil das sein Gesetz zustimmungspflichtig gemacht, also den Bundesrat auf den Plan gerufen hätte. Er hätte es auch mit Einsicht begründen können: Das Sachleistungsprinzip hat in Jahrzehnten keine Asylbewerberin abgeschreckt, nur ihr Leben erschwert – und das der Behörden, die ihren Einkaufskorb zusammenstellen mussten.

Dümmer zu sein als die eigene Erkenntnis erlaubt, das scheint eine notwendige Bedingung zum Verfassen von Asylgesetzen zu sein. Auch wenn vieles, was drin steht, Symbolpolitik und nicht umsetzbar ist, ist es gefährlich. „Es ist, als würde man die Leute ermuntern, mehr Brandsätze zu werfen: Täglich können sie ihre Erfolge an immer verrückteren Vorschlägen zur Asylpolitik ablesen.“ Das sagte 1992 der damalige Vorsitzende der Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis. Und leider sind zu viele auch in bald 30 Jahren nicht klüger geworden.

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