Zum Tod von Nelson Mandela: Der letzte große Staatsmann
Der Tod von Nelson Mandela ist eine Zäsur. Sein Name wurde schon zu seinen Lebzeiten in einem Atemzug mit Mahatma Gandhi und Martin Luther King genannt. Am kommenden Dienstag werden zu der Trauerfeier für Mandela Staatsoberhäupter aus aller Welt in Johannesburg erwartet.
Die Welt hält inne – Nelson Mandela ist tot. Menschen rund um den Globus verneigen sich vor einem Mann, den es im Hier und Jetzt nicht nochmal gibt: Eine Aura wie er hat heute auf der politischen Bühne kein zweiter. Die Welt verliert einen weisen Mann und Politiker, einen großen Staatsmann und Menschenfischer. Sicherlich, auch einen Menschen mit Widersprüchen. Vor allem aber den letzten Großen seit Mahatma Gandhi und Martin Luther King. Die Welt tut gut daran, sich daran zu erinnern, was sie diesem Mann verdankt.
Denn mit Mandela verlieren nicht nur Südafrika und der geschundene Kontinent einen Helden. Die ganze Welt verliert eine Ikone. Lange ist es her, dass so viel Leid und so viel Glück in einer Person vereint waren. Selten hingen die Hoffnung und das Schicksal so vieler Menschen an einer Person. Und selten wurde um das politische und private Erbe so schonungslos gefeilscht.
Vom politischen Gefangenen zum Präsidenten
Schon zu Lebzeiten war Friedensnobelpreisträger Mandela eine Legende. Was hat er alles ertragen, die langen Jahre im Kerker auf Robben Island. Im Gedächtnis bleiben vor allem die Größe und Würde, mit der er den Weg geebnet hat, die Rassentrennung in seiner Heimat im Zusammenspiel mit dem letzten weißen Präsidenten Frederik Willem de Klerk zu beenden und aus Südafrika die Regenbogennation zu machen. Mandela ist das Sinnbild für den erfolgreichen Kampf von Menschen, als Gleiche unter Gleichen.
Was waren das für Bilder, als er 1994 als erster schwarzer Präsident in Südafrika die Macht übernahm, 30 Jahre, nachdem er verurteilt worden war. Kaum jemand kann wohl nachfühlen, welcher geistigen Größe es bedarf, dass ein Mensch, dem so viel Unrecht widerfahren war, mit dieser Güte und Geduld auf seine Unterdrücker zuging und dies auch seinem Volk gepredigt hat.
Wo andere wütend ausgeteilt hätten, hat er das Gespräch gesucht. Südafrika ist mit seiner Hilfe in der Wahrheits- und Versöhnungskommission durch die schmerzhaften Tiefen der Aufarbeitung menschlicher Grausamkeiten gegangen. Vom politischen Gefangenen zum Präsidenten – sein Weg war Vorbild für viele andere auf der Welt. Aber keiner hat es je zu seiner Größe gebracht.
Sein Lebenswerk ist nicht hoch genug einzuschätzen
Sicher liegt in Südafrika heute vieles im Argen, das afrikanische Wirtschaftswunderland ist nicht die Nation, die sich Mandela wohl erträumt hatte. Doch es ist weiterhin Lokomotive und ein Land, in das Touristen gerne fahren – auch wenn sich dort leider noch immer Leute tummeln, die die Apartheid lieber heute als morgen wieder hätten. Auch vor diesem Hintergrund ist Mandelas Lebenswerk nicht hoch genug einzuschätzen.
Der große Mann hat schon 1999 den Stab weitergereicht, doch für viele blieb er die graue Eminenz. So lange er konnte, hat er sich zu grundlegenden Fragen positioniert, war nicht glücklich über seine Nachfolger. In den vergangenen Jahren hat die Öffentlichkeit vor allem von ihm gehört, wenn er im Krankenhaus war. Seine politischen Enkel sind nicht im Ansatz so würdig wie er, sie haben das leider gerade wieder unter Beweis gestellt.
Ein Grund mehr, dass die Welt einen Moment innehält und sich dieses Helden besinnt: seines aufrechten Eintretens für die Rechte aller Menschen, seiner Unbeugsamkeit in der Sache ohne starre Rechthaberei, seines Suchens nach Lösungen durch unerschütterliches Zugehen auf die Andersdenkenden, seiner Art, vergeben zu können. Mandela hat Ungeheuerliches gewagt und Großes bewegt. In Erinnerung daran schwingt Sehnsucht mit.