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Reisen, reden - zuhören: Bamf-Präsident Schmidt im Gespräch mit Asylbewerbern eines Integrationskurses in Baden-Württemberg
© Felix Kästle/dpa

Asyl: Der Beamte und die Flüchtlinge

Sein Amt entscheidet über das Schicksal von Asylbewerbern. Manfred Schmidt, Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, ist aber nicht nur deshalb eine zentrale Figur der deutschen Migrationspolitik geworden.

Zwanzig Jahre im Bundesinnenministerium, wo traditionell die Härtesten der Harten in Sachen Einwanderung sitzen: Verhärtet wirkt Manfred Schmidt trotzdem nicht. Seine letzte „Verwendung“ in der Festung der deutschen Sicherheitspolitik dürfte ihm für den aktuellen Job sogar geholfen haben: Schmidt war drei Jahre lang Chef der Abteilung für Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz. Seither ist Dauerkrise, viel ruhiges Einarbeiten war dem Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht gegönnt. Schmidt übernahm im Dezember 2010, dann begann das Jahr des Arabischen Frühlings und der Bürgerkriege in Libyen und Syrien. 121 000 syrische Frauen, Männer und Kinder sind seitdem in Deutschland angekommen, fast die Hälfte von ihnen 2014.

Beifall für die Bayern

Der Präsident ist in alledem zu einer zentralen Figur der deutschen Migrationspolitik geworden. Zehn Interviews pro Woche sind neuerdings Schnitt, kürzlich brachte er es auf sieben an einem Tag. Das ist für einen Laufbahnbeamten an der Spitze einer nachgeordneten Behörde nicht unheikel. Vermutlich hilft’s, dass sein Berliner Chef, Bundesinnenminister Thomas de Maizière, von eher subtiler Eitelkeit ist. Und sicher nützen dem 56-jährigen Juristen aus Frankfurt am Main die Binnenkenntnis als Exministerialer und sein diplomatisches Gespür. Dass er, dessen Amt und Auftritt bisher eher für eine migrationsbejahende Haltung stehen, sich kürzlich in Sachen Asylanträge aus Balkanländern an die Seite Bayerns stellte, sich für rasche Abschiebungen und Streichung des Taschengelds stark machte, dürfte ihm von rechts den Rücken freihalten.

Das Einwanderungsland erklären

Nicht erst unter Schmidts Leitung ist auch seine Behörde, die einst bescheiden als „Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge“ ihrem Standort Zirndorf zu mehr Prominenz verhalf als sich selbst, zu einer zentralen Instanz und zum Thinktank der Einwanderungsgesellschaft geworden. Eine ihrer Broschüren für die Deutsche Islamkonferenz kartierte erstmals Deutschlands muslimischen Bevölkerungsteil und ist seither Standardreferenz für alle, die wissen wollen, wie viele und wie Muslime hierzulande leben. Auch wer sich für Geschlechterrollen von muslimischen und christlichen Einwanderern interessiert oder mehr über Spätaussiedler erfahren will, wird in den Forschungsberichten, Working Papers und Expertisen des Bamf rasch klüger.

Der Chef hat also einiges im Gepäck, wenn er reist, redet und – auch das kann er gut – zuhört. Das Einwanderungsland Deutschland hat immer noch ausreichend Bürger, die es erklärt haben wollen.

Andrea Dernbach

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