Untersuchungsausschuss: Clemens Binninger wird NSA-Aufklärer
Schlagzeuger, Wulff-Double und leidenschaftlicher Innenpolitiker: Clemens Binninger wird Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses und muss künftig zwei zeitintensive Posten miteinander verbinden.
Schlagzeuger müssen eine besondere Gabe haben: Sie müssen Hände und Füße unabhängig voneinander bewegen können. Man muss im Hirn umschalten können, unterschiedliche Signale senden, was hartes Training erfordert. Clemens Binninger hat viel geübt. Auf Youtube ist zu sehen, wie er das Schlagzeugspielen beherrscht. Es sind getrennte Bewegungen, die am Ende aber ein – im besten Falle – harmonisches Klangbild ergeben.
Diese Fähigkeit kann er jetzt auch auf sein politisches Leben übertragen. Denn der Christdemokrat ist nicht nur Chef des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das die deutschen Nachrichtendienste kontrolliert. Er soll auch Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zum NSA-Skandal werden. Im Kontrollgremium ist er der Geheimhaltung verpflichtet, ein Untersuchungsausschuss dagegen soll Öffentlichkeit herstellen. Und doch passt beides gut zusammen, denn der NSA-Ausschuss wird sich - auch mangels Kooperationsbereitschaft des NSA - vor allem mit den deutschen Diensten, und was diese über die Praktiken des NSA möglicherweise gewusst haben, beschäftigen.
Binninger war fast 20 Jahre Streifenpolizist und Kommissar
Binninger ist nicht nur passionierter Hobby-Schlagzeuger, er ist vor allem auch leidenschaftlicher Innenpolitiker – mit fast 20 Jahren praktischer Berufserfahrung als Streifenpolizist und Kommissar in Freiburg. 1999 begann seine politische Laufbahn zunächst als Referent im baden-württembergischen Innenministerium, anschließend war er eine Art Sicherheitsberater des damaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU).
Seit 2002 sitzt er im Bundestag, viermal hat er seinen Wahlkreis Böblingen direkt gewonnen. Seine Vorgängerin in diesem Wahlkreis ist auch keine Unbekannte: die Ex-CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister, die über die Spendenaffäre stürzte. Noch im November hatte er nicht viel gehalten von einem Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre. „Was soll da herauskommen?“, fragte er. Mit dem in zähen Verhandlungen zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen gefundenen Untersuchungsauftrag kann er sich nun aber offenbar anfreunden. Der Ausschuss wird in dieser Woche im Bundestag beschlossen und soll im April seine Arbeit aufnehmen. Ihm gehören acht Mitglieder an (vier Union, zwei SPD und je einen für Grüne und Linke).
Binninger wird auch als BKA-Chef gehandelt
Der 51-Jährige hat Erfahrung mit Untersuchungsausschüssen. er war stellvertretendes Mitglied im BND-Untersuchungsausschuss und ordentliches Mitglied im Untersuchungsausschuss Visapolitik. Richtig an Profil hat er dann aber als CDU/CSU-Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss gewonnen. Dort half ihm sein eigener beruflicher Hintergrund. Stets war er fest im Stoff, gab sich strukturiert und hartnäckig. Jetzt muss er nicht nur den Spagat zwischen Öffentlichkeit und Geheimhaltung schaffen, er muss auch zwei sehr zeitintensive Posten miteinander verbinden. Denn auch das Kontrollgremium will er auf Vordermann bringen und Reformen unterziehen.
Binninger kann dabei aber auch auf Unterstützung aus anderen Fraktionen bauen, denn er ist über die Unions-Grenzen hinaus politisch und menschlich anerkannt. Mit seiner Biografie hätte er auch außerhalb der Politik gute Karrierechancen. Kein Wunder wird sein Name immer wieder genannt, wenn es um die Frage geht, wer im Herbst Jörg Ziercke als Präsident des Bundeskriminalamtes nachfolgen könnte.
Besucher im Bundestag verwechselten ihn häufig mit Christian Wulff
Momentan liegt seine Zukunft aber in der Politik. Dass es dort auch mal schnell vorbei sein kann mit einer geradlinigen Karriere, dürfte er an einem Mann festgestellt haben, mit dem er zum Teil verwechselt wird – vor allem von Besuchergruppen im Bundestag: Christian Wulff. Haare, Brille, Statur sind tatsächlich vergleichbar, doch Binninger wirkt handfester als der Ex-Bundespräsident. Das zeigt er nicht nur beim Schlagzeugspielen.