Joyce DiDonato an der Deutschen Oper: Zu den Sternen
Belcanto konzertant: Bellinis "I Capuleti e i Montecchi" an der Deutschen Oper.
Braucht man sie wirklich, diese reisenden Stars der Opernbühne? Hoch gehandelt, hoch glänzend, hoch dramatisch. Geht es nicht auch ein bisschen kleiner? Wer sich diese Fragen stellt, findet seine Antwort bei der konzertanten Aufführung von Bellinis „I Capuleti e i Montecchi“ an der Deutschen Oper. Hier wird für zwei Abende Joyce DiDonato aufgeboten, um die 1830 uraufgeführte „Romeo und Julia“-Version zum Leben zu erwecken. Denn so unsterblich das Veroneser Liebespaar auch sein mag, seine Auferstehung im Belcanto ist ein hartes Stück Arbeit, von dem man nicht mal ahnen darf, dass es Mühe macht.
Leichtigkeit und Ausdruck braucht es, um in Bellinis langgestreckten Melodien Leidenschaften zu entdecken. Und eine Grundspannung, die über gestalterisches Ebenmaß hinausweist. So eine Kantilene ist nichts, woran man sich anlehnen kann. Sie fordert heraus, will der Aufwind sein, der die Stimme trägt – hinaus aus dieser Welt, in der Seelen immer unter Zwang geraten. Ein schmerzlich-schönes Außersichsein.
Bellini formt die Stimme ganz zum Instrument – und plötzlich reicht es nicht mehr aus, ein guter Sänger zu sein. Musiker sind gefordert, die nicht nur abliefern, was in den Noten steht. Denn so gerne die bei konzertanten Aufführungen umklammert werden: Das Wichtigste ist darin nicht zu finden, vor allem im Belcanto. So ist es zu erklären, dass sich die Temperatur auf der Bühne schlagartig ändert, als Joyce DiDonato sie betritt. Wie der Klang ganz aus ihrem Innern zu dringen scheint, wie jede Faser ihres Körpers ihn formt und fokussiert – das dringt unmittelbar zum Geheimnis dieser Musik. Dazu diese unbändige Lust, aus dem schönen Mittelmaß zu brechen, alle Konventionen zu kennen und nicht davon lassen zu können, sie zu überschreiten.
Ihr Romeo lässt alle anderen blass aussehen, vor allem seinen Rivalen Tebaldo, gesungen von Celso Albelo, der echten Mumm durch bemühte Höhenkontrolle ersetzt. Der geliebten Julia, die immer nur sterben möchte, vermag DiDonato etwas von ihrem heißen Atem einzuhauchen: Venera Grimadieva traut sich beinahe zu träumen. Dirigent Paolo Arrivabeni organisiert umsichtig, meidet aber Regionen, in denen sich Licht und Schatten schillernd scheiden. Dafür brauchen wir sie – die Stars.
Noch einmal am 3. März