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Joseph Calleja und Joyce DiDonato
© Bettina Stöß

Donizettis "Maria Stuarda" an der Deutschen Oper: Stolz und Todesurteil

In einer konzertanten Aufführung von Gaetano Donizettis „Maria Stuarda“ liefern sich Joyce DiDonato und Carmen Giannattasio an der Deutschen Oper Berlin ein wahrhaft königliches Divenduell.

Nach ihrer ersten Arie bricht ein Jubelsturm los, wie man ihn selbst im höchst begeisterungswilligen Berlin selten erlebt: Joyce DiDonato ist die unglückliche Maria Stuarda in einer konzertanten Aufführung von Gaetano Donizettis „lyrischer Tragödie“ aus dem England des 16. Jahrhunderts – und sie hebt mit ihrer flamboyanten Ausdruckskraft, mit der berückenden Üppigkeit ihres Mezzosoprans das Publikum schier aus den Sitzen.

Carmen Giannattasio gibt ihre Gegenspielerin, die kaltherzige Elisabetta: Hoheitsvoll schreitet sie herein, scharf geschnitten die vokalen Linien, hochmütig der Blick, präzise und berechnend setzt sie die belcantistischen Verzierungen. Das ist die perfekte Darstellung einer Kunstfigur. Im Duell der Diven schenken sich beide Sängerinnen nichts – aber die Sympathien des Saals sind natürlich aufseiten von Joyce DiDonato.

Weil die Amerikanerin so menschlich, so wahrhaftig wirkt in ihrer emotionalen Vielschichtigkeit: Aus tiefster Seele scheint jeder Ton aufzusteigen, die samtweichen Melodien der Freiheitssehnsucht, die magisch an- und abschwellenden Klagelaute, die Ausbrüche des Hasses. Selbst die im Angesicht des Todes an Elisabetta gerichteten Worte der Vergebung behalten bei Joyce DiDonato einen zweideutigen Unterton. Da spricht kein Engel, da widerstreiten bis zur letzten Sekunde Rachedurst und Christenpflicht in der königlichen Brust. Was für eine Bühnenpräsenz, gepaart mit allerhöchster stimmtechnischer Meisterschaft!

Mit der Selbstsicherheit des erfahrenen Kapellmeisters hält Paolo Arrivabeni Sänger und Orchester zusammen, eindrücklich stimmt der von William Spaulding einstudierte Chor der Deutschen Oper in der Finalszene die Trauergesänge für Maria an, Davide Luciano und Marko Mimica leihen den adligen Adjutanten der Ladies ihre noblen Bässe. Allein Joseph Calleja, der vielgeliebte Tenor, der eigentlich als dritter Star des Abends glänzen sollte, hat keinen guten Lauf, wirkt vor allem zu Beginn angestrengt, ja kurzatmig.

Frederik Hanssen

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