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Und tschüss. Nach nur vier Jahren verlässt Tugan Sokhiev Berlin.
©  Erik Weiss/DSO

Die Pläne des Deutschen Symphonie-Orchesters: Wiedersehen macht Freude

2015/16 wird Tugan Sokhievs letzte Saison mit dem DSO, er verlässt nach nur vier Jahren Berlin. Jetzt hat das Orchester seine Pläne für die kommende Spielzeit vorgestellt.

Ohne Worte: Nicht eine einzige Silbe verliert Tugan Sokhiev bei der Saison-Pressekonferenz des Deutschen Symphonie-Orchesters über seinen vorzeitigen Weggang. Dabei gäbe es Gesprächsbedarf. Das Berliner Publikum liebt den russischen Dirigenten, in seiner dritten Spielzeit als künstlerischer Leiter konnte das DSO mit fast 85 Prozent durchschnittlicher Platzauslastung erneut einen Besucherrekord einfahren. Doch im kommenden Sommer macht Sokhiev Schluss, eine konzertante Aufführung von Berlioz’ „La Damnation de Faust“ wird im Juni 2016 das Finale seiner kurzen Berliner Amtszeit bilden.

Niemand wünscht ihn zur Hölle, weil er entschieden hat, dass ihm sein neuer Job am Moskauer Bolschoi-Theater wichtiger ist. Das Haus geht durch eine Krise, und für einen Russen ist es die höchste Ehre, dort leitend arbeiten zu können. Aber ein freundlicher Satz über seine bisherige Berliner Zeit, das wäre in diesem Rahmen schon schön gewesen. Auf Nachfrage lässt sich Tugan Sokhiev immerhin entlocken, dass es ein „Auf Wiedersehen“ sein wird und kein „Adieu“. Dass er also beabsichtigt, als Gast in die Philharmonie zurückzukehren.

In seiner Abschiedssaison wird Sokhiev erstmals ein Beethoven-Sinfonie mit dem DSO erarbeiten, die Eroica. Und überhaupt einen Schwerpunkt auf die deutsch-österreichische Tradition legen, mit Gewichtigem von Brahms, Mendelssohn und Mahler. Aber natürlich hat er auch wieder Exquisites ausgewählt, Elgars Erste beispielsweise, Hartmanns „Concerto funèbre“ oder Dutilleux „Tout un monde lointain“. Und den 80. Geburtstag von Aribert Reimann feiert das Orchester mit einem Auftragswerk: Für die Sopranistin Claudia Barainsky schreibt Reimann einen Liederzyklus.

Über die Wahl des Sokhiev-Nachfolgers will Thomas Kipp, der Geschäftsführer der Rundfunkorchester und -chöre GmbH, nicht mehr sagen, als dass sich die interne Findungsgruppe, der auch mehrere Orchestervertreter angehören, zeitlich nicht unter Druck setzen lassen wird. Mit anderen Worten: Höchstwahrscheinlich kommt es zu mindestens einer chefdirigentenlosen Spielzeit.

Mit Ausnahme der beiden früheren Amtsinhaber – Kent Nagano wird ein Programm leiten, Ingo Metzmacher zwei – sind also alle Maestri, die 2015/16 ans DSO-Pult treten, potenzielle Kandidaten für den attraktiven Posten. Erfahrene Profis kommen da infrage, wie Christoph Eschenbach, der im Mai 2016 Hindemith dirigieren wird, oder James Conlon, der im Oktober Zemlinskys „Seejungfrau“ einstudiert. Mit Sir Roger Norrington ist das Orchester seit nunmehr 20 Jahren freundschaftlich verbunden.

Vielleicht aber wollen die Musiker lieber wieder einen jungen Chef: Zum wiederholten Male haben sie den Brasilianer Marcelo Lehninger (35 Jahre) eingeladen sowie die Briten Edward Gardner (31) und Robin Ticciati (32). Als Debütanten werden der Rumäne Cristian Macelaru (Jahrgang 1981) und der 1979 in London geborene Alexander Shelley erwartet.

Oder das DSO wird, wie im Fall von Sokhiev, bei „Debüt im Deutschlandradio“ fündig: Da dürfen sich diesmal der Brite Nicholas Collon und der Usbeke Aziz Shokhakimov beweisen.

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