Theater, Konzerte, Museen: Wie die Kultur in den USA langsam zurückkehrt
In den USA öffnen Kulturhäuser zaghaft ihre Türen. In einigen Städten mehr, in anderen weniger. Aber immerhin gibt es dort wieder eine Perspektive.
Vor 13 Monaten fiel der Vorhang. Große Teile Amerikas gingen in den Lockdown, das öffentliche Leben wurde abrupt angehalten. Besonders hart traf das neben der Gastronomie die Kulturszene: Theater, Konzertsäle, Museen, Kinos und Jazzclubs mussten schließen, viele Kulturschaffende verloren innerhalb von Wochen nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern auch jegliches Einkommen.
Schlagzeilen machte beispielsweise das Washingtoner Kennedy Center, das zu Beginn der Krise zwar umfangreiche Hilfen in Höhe von 25 Millionen Dollar vom Staat erhielt, seine 1100 Mitarbeiter, darunter die 96 Musiker des renommierten National Symphony Orchestra, am 27. März aber die Nachricht erhielten, ihre Gehaltszahlungen würden in einer Woche enden – genauso wie ihre Krankenversicherung, wenn das Konzertzentrum im Mai nicht wieder öffnen könne. Der Aufschrei war groß – und öffentlichkeitswirksam: In letzter Minute wurde eine Einigung gefunden, die den Angestellten eine gewisse Sicherheit gab.
So viel Glück hatten die wenigsten Künstler, daher ist die Ungeduld groß, endlich wieder auftreten zu können. Mit immer mehr Amerikanerinnen und Amerikanern, die geimpft werden – ein Fünftel der Bevölkerung ist bereits voll geimpft –, kehrt das Leben in die Städte zurück. Noch gibt es Auflagen, aber die Vorfreude ist groß. Viele Museen, Theater, Konzertsäle und Opernhäuser haben Öffnungspläne vorgelegt, die spätestens im Herbst fast schon an alte Zeiten erinnern.
Ganz besonders in New York City, wo die Pandemie im vergangenen Jahr so heftig gewütet hatte (mehr als 30 000 Menschen starben bislang) und der Lockdown daher besonders schmerzhaft war. Bestimmte Lockerungen gibt es bereits seit dem Sommer. So konnten beispielsweise Museen und Galerien wieder öffnen: mit begrenzten Besucherzahlen, reduzierten Öffnungszeiten und speziellen Hygienekonzepten.
Aber immerhin: Ab Ende August war ein Besuch im 150 Jahre alten Metropolitan Museum of Art, im Guggenheim oder dem MoMa wieder möglich. Zum Eröffnungstag wurden die Gäste mit Applaus begrüßt, die ersten Besucher erzählten von einer Gänsehautatmosphäre, nach so vielen Monaten wieder ein Museum betreten zu können und dann auch noch mit deutlich weniger Touristen als sonst.
„NY Pops Up“ und andere Initiativen
Die darstellenden Künste dagegen brauchten deutlich mehr Geduld. Bis auf kleinere Kulturevents im Freien – an Straßenecken, in Vorgärten und Hinterhöfen – herrschte weitgehend Stille. Und nichts ist untypischer für New York. Aber seit Anfang März tut sich etwas. Über die Initiative „NY Pops Up“ versucht die Stadt, die Menschen wieder an kulturelle Darbietungen zu gewöhnen: mit vorher nicht angekündigten Aufführungen, um Massenaufläufe zu vermeiden. Die Gagen der Künstlerinnen und Künstler übernimmt New York. Außerdem gibt es seit April das „Open Culture Program“, das Veranstaltungen auf bestimmten Straßen fördert. Live-Musik-Clubs sollen nun wieder öffnen dürfen, wenn auch nur mit einem Drittel der ursprünglichen Gäste.
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Darin liegt ein großes Problem: Für viele traditionelle Einrichtungen lohnt sich ein solch reduzierter Betrieb nicht. Sowohl die Theater am Broadway, als auch die Metropolitan Opera haben angekündigt, erst im Herbst wieder zu öffnen. Stattdessen sind über den Sommer Outdoor-Events im Lincoln Center geplant, wo neben der Oper auch das New York City Ballet und die Philharmoniker residieren. Auf zehn Bühnen sollen unter dem Motto „Restart Stages“ Auftritte stattfinden, Filme gezeigt und Workshops abgehalten werden. Am vergangenen Mittwoch, dem Weltgesundheitstag, gab es ein erstes Konzert der Philharmoniker: für die Gesundheitsmitarbeiter, die in der Pandemie zu Helden wurden.
Weiter südlich in Philadelphia kommen Kunstliebhaber ebenfalls schon seit ein paar Monaten wieder auf ihre Kosten. Im September wurde etwa das Philadelphia Museum of Art für eine begrenzte Zahl von Besuchern geöffnet, die sich anmelden, zwei Masken tragen mussten und deren Temperatur am Eingang gemessen wurde.
Auch andere Museen wie das Museum of the American Revolution sowie rund 200 Galerien öffneten zu diesem Zeitpunkt, mussten aber im November wieder schließen. Seit Januar haben bei Touristen und Einheimischen beliebte Institution wie die Academy of Natural Sciences of Drexel University, die Barnes Foundation, das Franklin Institute, die Pennsylvania Academy of the Fine Arts und auch das Philadelphia Museum of Art wieder offen, bei einigen muss man im Vorfeld Tickets reservieren. Das Rodin Museum bleibt dagegen erst einmal zu, ein Wiedereröffnungsdatum gibt es noch nicht. Und während Kinos schon wieder geöffnet haben, folgen die meisten Theater und Konzertsäle erst im Herbst.
Washington hält sich noch zurück
Strenger geht es derzeit noch in der Hauptstadt zu. Anders als etwa in Baltimore im Nachbarstaat Maryland sind die meisten Washingtoner Museen immer noch geschlossen. Ausgerechnet das Smithsonian, der der größte Museumskomplex der Welt, dessen für Besucher kostenlose Museen entlang der Mall in normalen Zeiten Millionen von Besuchern anlocken, hat noch kein Öffnungsdatum genannt. Wann die National Gallery of Art, 2019 eines der meistbesuchten Museen der Welt, die National Portrait Gallery, das National Museum of African American History and Culture, das National Museum of Natural History, das National Air and Space Museum oder auch der Zoo wieder aufmachen, ist unklar. Vielleicht „im Mai“, vielleicht auch erst im Juni, das ist das einzige, was dem Chef Lonnie Bunch derzeit zu entlocken ist.
Wieder zugänglich sind dagegen die Skulpturengärten der National Gallery of Art und des Hirshhorn Museum, auch wenn die Jazzkonzerte in diesem Sommer wohl erneut ausfallen. Unabhängige Museen wie die Phillips Collection, das National Museum of Women in the Arts oder das Kreeger Museum sind ebenfalls seit Anfang März wieder geöffnet. Und an diesem Wochenende versuchen das National Building Museum und Tudor Place den Neustart.
Der reduzierte Betrieb deckt die Kosten nicht
Bürgermeisterin Muriel Bowser hat in ihrer jüngsten Anordnung verfügt, dass Theater von Mai an wieder ihren Spielbetrieb aufnehmen dürfen, mit 25 Prozent der normalen Kapazität oder maximal 500 Besuchern. Aber nicht allen wird die Umstellung von virtuell auf persönlich so schnell gelingen. Live-Musik im Freien können Restaurants und Bars ebenfalls ab dem 1. Mai wieder anbieten. Kinos dürfen seit Mitte März einem Viertel der regulären Besucher Filme zeigen.
Nur das Kennedy Center, in dem neben dem National Symphony Orchestra unter anderem auch die Oper und das Washington Ballett angesiedelt sind, braucht noch ein bisschen. Die reguläre Wiedereröffnung wurde gerade für September angekündigt, gerade noch rechtzeitig zum 50. Geburtstag. Bis dahin soll es aber immerhin einige Outdoor-Events und ein paar kleinere Indoor-Veranstaltungen vor ausgesuchtem Publikum geben. Das dient vor allem auch dazu, die herben Verluste abzuarbeiten, die sich im Pandemiejahr angehäuft haben. So lädt das Washington Ballet am 4. Juni zur Gala, die „Sponsorentickets“ beginnen bei 2500 Dollar.
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