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Die Arbeiter können auch Musical. Eine Szene aus "A Fábrica de Nada"
© Grandfilm

Portugiesischer Film „A Fábrica de Nada“: Wer den Mehrwert nicht ehrt

Arbeitskampfdrama: Der portugiesische Dokumentarfilmer Pedro Pinho geht mit „A Fábrica de Nada“ auf die Wirtschaftskrise in Südeuropa ein.

Es gibt in „A Fábrica de Nada“ keine Krise der Arbeit, sondern vielmehr eine der Produktionsmittel. Der Fahrstuhlfabrikant Fortileva lässt seine Maschinen über Nacht abtransportieren, nur durch Zufall werden die Arbeiter auf den vermeintlichen Diebstahl aufmerksam. Sie vertreiben die Handlanger des Fuhrunternehmens, aber die Hallen sind großenteils schon leer geräumt. Am nächsten Morgen steht noch ein einsamer halbautomatischer Arbeitsroboter auf dem Werksgelände, den die Belegschaft bewacht. Irgendwann lässt sich auch das Management blicken – und kündigt freundlich lächelnd Veränderungen an. Man müsse neu definieren, wie sich die Produktionsabläufe in Zukunft optimieren lassen.

Der portugiesische Dokumentarfilmer Pedro Pinho reiht sich mit „A Fábrica de Nada“ in eine jüngere Welle von Filmen über die Wirtschaftskrise in Südeuropa ein. Prominentester Vertreter ist Miguel Gomes mit seinem sechsstündigen Epos „1001 Nacht“, der hierzulande in drei Teilen ins Kino kam. Im Gegensatz zu Landsmann Gomes geht Pinho strukturierter vor, was die Filme verbindet, ist ihre Hybridform zwischen Spielfilm mit Laiendarstellern, die sich gewissermaßen selbst spielen, Dokumentation und filmischem Essay.

Langwieriger Arbeiterkampf oder schnelles Geld?

Ein Graben zieht sich durch die verschaukelte Belegschaft, die die neue Konzernleitung mit Abfindungen aus ihren Verträgen herauszukaufen versucht: Soll man sich auf einen langwierigen Arbeitskampf einstellen oder lieber das Geld nehmen, um die Familien wenigstens die nächsten Monate ernähren zu können? Aus dieser prinzipiellen Fragen ergibt sich in „A Fábrica de Nada“ allerdings ein größeres Problem: Wie soll ein Streik in der Praxis aussehen, wenn die Arbeit längst ins Ausland verlagert wurde? Auch der Arbeitgeber hat sich schon aus dem Staub gemacht. Als der Betriebsrat in der Firmenzentrale auftaucht, ist die Büroetage wie ausgestorben. Die Arbeiterinnen und Arbeiter sitzen buchstäblich auf „ihren“ Maschinen.

Miguel Gomes kapitulierte in „1001 Nacht“ vor der Aufgabe, er floh aus seinem eigenen Film. Pinho implementiert in „A Fábrica de Nada“ dagegen eine Dokumentarfilmerfigur: Danièle, gespielt vom Regisseur Danièle Incalcaterra, sucht gerade eine Fabrik, an der er ein soziales Experiment durchexerzieren kann. Die Arbeiter sollen die leere Fabrik übernehmen, sich zu Eigentümern der Produktionsmittel aufschwingen. Während ein Teil der Belegschaft die Zeit in den Hallen mit kreativem Nichtstun totschlägt, imaginieren sich einige Aktivisten bereits als proletarische Helden eines sozialrealistischen Musicals.

Eine gesunde Skepsis gegenüber seinem Unterfangen ist auch Pinhos Film anzumerken. Er schneidet gegen die großspurigen Theorien Danièles immer wieder die Diskussionen der Arbeiter, die andere Sorgen haben, als die Welt zu verändern. Aus diesem Dilemma gewinnt am Ende aber auch „A Fábrica de Nada“ keine produktiven Erkenntnisse; nur eine schönen Musical-Einlage.

In den Kinos Acud, Hackesche Höfe, Lichtblick, Wolf, Zukunft (alle OmU)

Andreas Busche

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