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Gefangen in der Schmonzette: Nicole Kidman und James Franco in "Queen of the Desert".
© QOTD Film Investment Ltd./Berlinale/dpa

"Queen of the Desert" auf der Berlinale: Weiß der Geier

Vom wüsten Winde verweht: Im Berlinale-Wettbewerb sorgt Werner Herzog mit „Queen of the Desert“ für ungläubige Lacher. Nicole Kidman kann die Schmonzette nicht retten.

Wird das hier, ein Tierfilmfest oder was? Gleich am ersten Wettbewerbstag wird die Fauna zum Talk of the Festival. Da gibt es den Goldfischglas-Unfall im iranischen „Taxi“, des weiteren Max, den allmorgendlich von Charlotte Rampling ausgeführten treuen alten Hund in „45 Years“, außerdem Eisbären, Huskies im Arktisfilm „Nobody Wants the Night“ mit weichgekochten Bärenfellfetzen als kulinarischem Höhepunkt. Womit wir bei Werner Herzog wären, der bekanntlich mal seine weichgekochte Schuhledersohle verspeiste, wegen einer verlorenen Wette.

Das Beste an Herzogs Wüstenfilm mit Nicole Kidman als „Queen of the Desert“ alias Gertrude Bell sind jedenfalls die Tiere. Der Aas pickende Geier vor dem ersten Kuss zwischen Kidman und James Franco. Die magische Erscheinung einer Hirschkuh am englischen Landsitz der Familie Bell, als Gertrude vom Tod ihres Liebsten erfährt. Ein Ziegenkopf als Festschmaus der Wüstenscheichs. Und vor allem die Dromedare bei den Wüstenexpeditionen, das Brüllen der Tiere, ihre aufgerissenen Mäuler, ihr schaukelnder Gang, ihre Körperlichkeit. Als Churchill persönlich eines besteigt, fürs Pyramiden-Foto an der Seite von Gertrude Bell und Lawrence von Arabien, geht seine Zigarre aus – der Premier is not amused.

Die nächste Abenteurerin nach Juliette Binoche

Nach Juliette Binoche als Nordpol-Pionierin nun also Kidman als Gertrude Bell, nach der Amerikanerin im Inuit-Land die Britin in der Wüste – die zweite Abenteurerin im Wettbewerb. Bell ist als Forschungsreisende, Archäologin, Historikerin, Schriftstellerin und Politikerin in die Geschichte des 20. Jahrhunderts eingegangen. Eine hoch gebildete, sprachkundige Frau, die entscheidend an der Neuordnung Arabiens und den Grenzziehungen nach dem Zerfall des Osmanischen Reichs und dem Ersten Weltkrieg beteiligt war. Weil sie sich am besten auskannte. Weil sie Alltag und Machtverhältnisse der Beduinen erkundet hatte, der Drusen oder der Saud-Dynastie, weil sie Bescheid wusste über Emire, Scheichs und Stammesfehden.

Karawane mit Frau. Nicole Kidman (rechts) spielt die britische Forschungsreisende
Karawane mit Frau. Nicole Kidman (rechts) spielt die britische Forschungsreisende
© Berlinale

Die Westmächte wollten Arabien aufteilen? Bell warb für die Unabhängigkeit der Völker, in Iran und Irak, Jordanien, Syrien, Libanon. Und sie wusste, was folgt: Chaos und Krieg. Die heutige Misere des Nahen Ostens nahm damals ihren Anfang. Weil die Westmächte nicht taten, was sich für Gertrude Bell von selbst verstand. Sie brachte den Arabern Respekt entgegen, wurde deshalb von ihnen geachtet. 1926 gestorben, liegt sie in Bagdad begraben.

Werner Herzog macht eine Schmonzette daraus

Was für ein Stoff, was für eine Figur. Werner Herzog macht in seiner US-Produktion allerdings eine Schmonzette daraus, eine Romanze mit orientalischem Flair. 1001 Nacht, vom wüsten Winde verweht: erst Gertrudes große Liebe zu ihrem Aufpasser in der Teheraner Botschaft (der dauerlächelnde Franco), dann die zweitgrößte Liebe zum Konsul (Damian „Brody“ Lewis aus der TV-Serie „Homeland"), der ebenfalls viel zu früh stirbt. Kidman kullert jeweils eine Träne über die Wange und bleibt noch in den heftigsten Gefühls- und Standstürmen allzeit blond und adrett.

Werner Herzog war zuletzt mit beachtlichen Dokumentarfilmen und 2010 als Jury-Präsident auf der Berlinale zu Gast, sein Interviewfilm „Death Row“ (2012) ist das Klügste, Erschütterndste, was je zum Thema Todesstrafe in den USA gedreht wurde. Und dass er Abenteuerfilme drehen kann, weiß alle Welt spätestens seit „Fitzcarraldo“. Diesmal stellt er Hollywoodstars vor imposante Landschaftskulisse und weiß nichts damit anzufangen – als sei’s eine Auftragsregie. Zumal die Sache gleich zu Beginn in unfreiwilligen Trash abdriftet. Robert „Twilight“ Pattinson mit Palli-Tuch am Verhandlungstisch der Militärs neben Churchill, das sorgte bei der Mittagsvorstellung im Berlinale-Palast für erste Lacher.

Tag eins des Bären-Rennens: die prominent besetzten opulenten Heldinnen-Sagas enttäuschen als angestrengtes, wahlweise oberflächliches Ausstattungskino. Die stillen Filme hingegen, „Taxi“ und „45 Years“, entfalten große Kraft.

7.2. 9.30 Uhr (Zoo Palast), 12 u. 21 Uhr (Friedrichstadtpalast), 15.2. 10 Uhr (Friedrichstadtpalast)

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