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Steve Strange von der Band Visage ("Fade To Grey") bei einem Auftritt in der Westfalenhalle Dortmund 1981.
© dpa

Superhit "Fade To Grey": Visage-Sänger Steve Strange ist tot

Die Verdammten kennen keinen Schmerz: Mit "Fade To Grey" wurde Steve Strange weltberühmt. Nun ist der Sänger der Band Visage und eine der prägenden Figuren der New Romantics im Alter von 55 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

Sein Künstlername und natürlich noch weniger sein bürgerlicher Name sind außerhalb Englands kaum jemandem ein Begriff: Steve Strange? Wer um Himmels willen soll das denn sein? Fällt dann aber der Titel des Songs, den Steve Strange 1980 erstmals gesungen hat, erinnert sich sofort die ganze Welt: „Fade To Grey“. Ah, genau, das ist doch dieses unglaublich schöne, elegante, gleichermaßen warmherzige wie kühle Synthiestück, das auch französische Vocals enthält, die von der belgischen Sängerin Brigitte Arens stammen, erschienen auf dem Debütalbum einer Band mit dem Namen Visage. „Fade To Grey“ ist eines der Stücke, neben Human Leagues „Don´t You Want Me“, Spandau Ballets „True“, Talk Talks „It´s A Shame“ oder Simple Minds' „New Gold Dream (81-82-83-84)“, das stellvertretend für eine ganze Ära der Popmusik steht: die der New Romantics.

Strange trat auch in David Bowies legendärem "Ashes-To-Ashes"-Video auf

Wobei die Betonung hier vor allem auf dem „new“ liegt, war die Romantik doch vor allem eine elektronisch erzeugte, eine künstliche. Es war die Zeit, in der der Punkrock seinen ersten schlimmen Kater verursacht hatte. (Später waren die dann kaum noch auszuhalten!). Den Impuls, sich ohne große Ausbildung musikalisch auszuprobieren, gab es jedoch weiterhin, nun aber nicht mit der Gitarre in der Hand, sondern mit Synthesizern. Zudem hatten der Stinkefinger und hässliche Fratzen ausgedient, Eleganz, Glitter und schöne Oberflächen waren gefragt, Popsubversion durch Affirmation.

Strange, der 1959 als Steven John Harrington in Süd-Wales geboren wurde, kam schon als 15-jähriger nach London, trieb sich hier in den Clubs herum, spielte in Bands und organisierte Parties. Seine Bestimmung sollte er dann einerseits als modebewusster Türsteher des „Blitz“-Clubs finden, dem Nachfolger des von vielen Musikern frequentierten „Billy´s“, als ein Türsteher, der schließlich auch in David Bowies legendären „Ashes-to-Ashes“-Video einen Gastauftritt hatte. Andererseits wurde Strange der androgyne Frontmann der Band Visage, die sich unter anderem aus Musikern wie Midge Ure, Billy Currie (beide auch bei Ultravox beschäftigt) und Barry Adamson (später bei Birthday Party und Nick Cave & The Bad Seeds) zusammensetzte.

Steve Strange war kein begnadeter Sänger, ein Instrument konnte er auch nicht richtig spielen, ein bisschen die Synthies. Dafür hatte er sich, seinen Körper, seinen Style, seine Ästhetik, die er ein paar Jahre lang gewinnbringend und einflussfördernd einzusetzen verstand; Verwechslungen mit anderen Musikern wie Boy George oder Marc Almond waren da nie ausgeschlossen. „Fade To Grey“ erwies sich aber nicht nur ein Segen, Geld, Popularität, Ruhm, sondern entwickelte sich vermutlich auch zum Fluch. Visage hatten in Folge noch kleinere Hits wie „Mind Of A Toy“ oder „The Damned Don´t Cry“, lösten sich aber nach der Veröffentlichung des kaum noch wahrgenommenen dritten Albums „Beat Boy“ auf. Die Band blieb ein One-Hit-Wonder.

Strange trieb sich in Indien herum, tummelte sich in der Trance-Szene auf Ibiza, verfiel den Drogen, machte als Kleinkrimineller Schlagzeilen, war eine Zeit lang sogar obdachlos - und tauchte dann als eigene Legende und Visage-Retro-Musiker in den Jahren 2004 und 2005 wieder aus der Popversenkung auf, immer unter dem Label "das Beste aus den achtziger Jahren". Und wenn er 2013 gar noch einmal ein neues Visage-Album einspielen sollte, „Hearts and Knives“, so war doch „Fade To Grey“ sein Schicksal geworden. Das er aber gerade in den vergangenen Revival-Jahren tapfer ertrug, in wechselnden Outfits, mal aufgedunsen, mal in erstaunlich guter körperlicher Verfassung. Die Verdammten kennen halt keinen Schmerz. Am Donnerstag ist Steve Strange im Alter von nur 55 Jahren in einem Krankenhaus im ägyptischen Scharm El-Scheich einem Herzinfarkt erlegen.

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