Nachruf auf Musiker Max Greger: Verliebt in den Swing
Bandleader Max Greger hat die Unterhaltungsmusik in Deutschland geprägt. Mitte Juli stand der Saxofonist noch in München auf der Bühne. Nun ist er im Alter von 89 Jahren gestorben.
Jazz war das Versprechen der Freiheit. Eine Musik, die nicht im Gleichschritt marschierte, sondern swingte. Der Sound des Westens, für Jugendliche mindestens so begehrenswert wie die Schokolade und das Kaugummi, das die G.I.s damals verteilten. „Glenn Miller, Benny Goodman - das hat mich umgehauen“, so hat Max Greger von seinem Erweckungserlebnis erzählt, das ihn vor siebzig Jahren aus dem Radio traf, auf den Wellen des amerikanischen Soldatensenders AFN. Der Sohn einer Münchner Metzgersfamilie, Jahrgang 1926, sollte eigentlich einmal den väterlichen Betrieb übernehmen. 1944 war er zum Kriegsdienst eingezogen worden und hatte überlebt.
Wer einen Krieg knapp überstanden hat, der macht nicht mehr gerne Kompromisse. Max Greger wollte Musiker werden, seitdem sein Großvater ihm ein Akkordeon geschenkt hatte. Am Münchner Konservatorium hatte er ein Klarinetten- und Saxofonstudium absolviert. Also fiel die Fleischwarenkarriere aus. Stattdessen: Jazz. Ab dem Spätsommer 1945 trat er mit seinem Saxofon in amerikanischen Army-Clubs auf, als Tanzorchestermann spielte er sich von „In the Mood“ über „Begin the Beguine“ bis „Night and Day“ durchs Swing-Repertoire. „Das war mein bestes Konservatorium“, sagte er später. Es ging darum, die Leute zum Tanzen zu bewegen. Musik, diese Lektion hat der spätere Bigbandleader damals gelernt, funktioniert als Dienstleistung.
Max Greger war infiziert vom Jazz, der neuen Musik
Viele Musiker, die den Jazz, die Tanz- und Unterhaltungsmusik der Bundesrepublik prägten, entstammten wie Max Greger der Flakhelfer- und Hitlerjugendgeneration: James Last und sein Bruder Kai Warner, Paul Kuhn, Hugo Strasser, Klaus Doldinger, oder die Brüder Albert und Emil Mangelsdorff. Es waren Davongekommene, infiziert von einer neuartigen Musik, die ehrgeizig daran gingen, etwas von der ungermanischen Lässigkeit in Deutschland einzuführen. Greger gründete schon 1948 sein eigenes Sextett und setzte auf Vielseitigkeit. Während er tagsüber beim Bayrischen Rundfunk volkstümliche Melodien spielte, trat er abends in Münchner Jazz-Etablissements wie dem „Kellerclub“ oder dem „Orlando di Lasso“ gegenüber dem Hofbräuhaus mit Swing auf. Es folgten Kooperationen mit Bert Kaempfert und Louis Armstrong, Platten mit Titeln wie „Orangen aus Haifa“ oder „Rock'n'Roll-Boogie“ und eine Tournee durch die Sowjetunion mit dem damals noch unbekannten Udo Jürgens. Lionel Hampton wollte Greger als Mitglied seines Orchesters nach Amerika holen.
Doch Greger blieb in München und stieg zum festen Bestandteil des Samstagabend-Fernsehprogramms auf. Legendär wurde die Rückenlage, in der er sein Saxofon spielte, legendär auch das zackige Fingerschnipsen, mit dem er seine Bigband leitete. Es waren die großen Zeiten des Showfernsehens, und im ZDF war Greger ein zuverlässiger, manchmal knorrig kalauernder Sidekick für die Zeremonienmeister Peter Frankenfeld („Vergissmeinnicht“), Lou van Burg („Der goldene Schuss“), Wim Thoelke („Drei mal Neun“), Harald Juhnke und Peter Alexander („Musik ist Trumpf“). Wie innovativ das Konzept der ab 1975 ausgestrahlten Show „Musik ist Trumpf“ ursprünglich war, zeigt sich auch daran, dass die Zuschauer über die Programmzeitschrift „Hörzu“ Musiktitel zu Themenblöcken wie „Musikalischer Blumenstrauß“, „Swing-Time“, „Wanderlieder“ oder „Jacques Offenbach“ wählen konnten.
Keine Musik im Universum, die Greger nicht interpretieren konnte
Wahrscheinlich existierte damals im ganzen Universum keine Musik, die Greger nicht bearbeiten, arrangieren und interpretieren konnte. Anders als sein Kollege James Last, der das Endlosprinzip des „Non-Stop-Dancing“ erfand, beließ er es allerdings bei herkömmlichen Potpourris. Eine Zeit lang spielte der Klarinettist Hugo Strasser in Max Gregers Orchester, bevor er sich als Bandleader selbstständig machte. Und am Klavier saß Max Greger Junior, der wie ein langhaarigeres Ebenbild seines Vaters aussah und avantgardistische Acidjazz-Platten aufnahm.
Max Greger hat den Swing geliebt. Es war für ihn eine Musik, die sich nicht erklären lässt: „Swing kann man nicht lernen. Brauchst es gar nicht versuchen. Du kannst ein Instrument lernen, ja. Aber swingen nicht. Entweder Du hast es, oder Du hast es nicht.“ Zuletzt ist er mit seinen alten Kollegen Paul Kuhn und Hugo Strasser unter dem Titel „Swing Legenden“ noch einmal durch ausverkaufte Hallen getourt. Als Paul Kuhn im September 2013 starb, war damit Schluss. Max Greger ist am Samstag in München den Folgen einer Krebserkrankung erlegen. Er wurde 89 Jahre alt.
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