Suhrkamp-Insolvenzverfahren: Suhrkamp muss weiter zittern
Von wegen Streitende: Das Bundesverfassungsgericht hat eine befristete Anordnung im Suhrkamp-Insolvenzverfahren erlassen. Noch darf der Verlag nicht in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden.
Ach, was war das doch für eine Erleichterung, eine Erlösung gar, als das Amtsgericht Charlottenburg vor sechs Wochen vermeintlich Ultimatives in der Streitsache Suhrkamp verkündete! Es bestätigte den von der Geschäftsführung des Suhrkamp Verlags vorgelegten Insolvenzplan, und zwar nachdem der Bundesgerichtshof auf Beschwerde des Minderheiteneigentümers Hans Barlach das Insolvenzverfahren zur abermaligen Überprüfung an das Berliner Landgericht zurückverwiesen hatte. Damit war der Weg frei für die in dem Insolvenzplan anvisierte Umwandlung des seit 2010 in Berlin ansässigen Verlags von einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft, was Suhrkamp-Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz spätestens bis zum 1. März kommenden Jahres über die Bühne gebracht haben wollte. Doch Pustekuchen! Die Streitsache ist immer noch nicht ausgestanden – da sei Hans Barlach sowieso vor, der gegen den Beschluss des Berliner Landgerichts beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt hatte. Aber nun auch eben dieses Bundesverfassungsgericht.
Es hat nämlich am Donnerstag eine „befristete Anordnung“ im Suhrkamp-Insolvenzverfahren erlassen – und mit dieser „dem Amtsgericht Charlottenburg vorläufig untersagt, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Suhrkamp Verlag GmbH & Co KG aufzuheben und die neue Rechtsform der Suhrkamp Verlag GmbH & Co KG in das Handelsregister einzutragen.“ Befristet heißt in diesem Fall, bis die Entscheidung über Barlach Antrag auf Erlass einer einer einstweiligen Anordnung in Karlsruhe gefallen ist, „längstens bis zum 21. Dezember“, wie es in der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts heißt.
Neuer Auftrieb für Barlach und seiner Medienholding
Ob da gewissermaßen Gefahr im Verzug war, der Verlag früher als geplant Nägel mit Köpfen machen wollte? Zumindest dürfte dieser Beschluss Barlach und seiner Medienholding einerseits erneut Auftrieb geben. Andererseits kann er sich damit, so das Bundesverfassungsgericht, „der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes und des Anspruchs auf rechtliches Gehör“ sicher sein.
So sieht man das nun auch bei Suhrkamp, im Lager von Unseld-Berkéwicz. Diese Anordnung diene allein dazu, heißt es in einer Stellungnahme, „dem Suhrkamp Verlag die Möglichkeit zu geben, zu der Verfassungsbeschwerde Stellung zu nehmen, bevor das Bundesverfassungsgericht über die Anträge der Medienholding entscheidet“. Und: „Die Anordnung ist nicht als Hinweis darauf zu verstehen, wie die Entscheidung ausfallen wird.“ Siegesgewissheit klingt anders. Man mag sich nicht ausmalen, was passiert, wenn Karlsruhe in den nächsten drei Wochen tatsächlich noch zugunsten Barlachs entscheidet.
Gerrit Bartels