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Marek Janowski am Pult mit dem Rundfunkchor Berlin im Konzerthaus.
© Peter Adamik

Rundfunkchor Berlin: Strahlen von innen

Fein austariert: Der Rundfunkchor Berlin singt Beethovens „Missa solemnis“, Marek Janowski springt für den erkrankten Gijs Leenaars ein.

Wie akribisch vorbereitet der Rundfunkchor Berlin Beethovens „Missa solemnis“ begegnet, merkt man auch daran, wie souverän das Ensemble einen Dirigentenwechsel in letzter Minute verkraftet. Chefdirigent Gijs Leenaars konnte gerade noch die CD-Aufnahme abschließen, bevor er erkrankt pausieren musste. Für ihn tritt nach einer kurzen Verständigungsprobe Marek Janowski ans Pult im Konzerthaus. Er hatte die „Missa solemnis“ als eines seiner letzten Konzerte mit dem Rundfunk- Sinfonieorchesters Berlin dirigiert und ist wie wenige mit der Rolle der Stimme in Beethovens dramatischer Welt vertraut.

Jetzt dirigiert Janowski einen Chor, den er gut kennt, aber auch die Kammerakademie Potsdam, die der Rundfunkchor sich zum Partner erkoren hat. Das Ensemble steht für einen transparenten Klang, der durch ältere Instrumente bei Trompeten, Posaunen und Pauken zusätzlich leichter gestimmt ist. Zu Beginn versucht Janowski noch, mehr Gewicht von den Musikerinnen und Musikern einzufordern. Dann aber spürt er, dass es hier an nichts mangelt, sich mit einem stimmigen Solistenquartett vielmehr ein fein austariertes Konzept entfaltet. Janowski weiß es durch den Abend zu geleiten, obwohl es in Drang und Festigkeit nicht seiner Beethoven-Sicht entspricht.

Schwindelerregende Höhen

„Missa impossible“ hat der Rundfunkchor seine Erkundung mit Augenzwinkern getauft, denn in Beethovens Spätwerk stehen die Widerstände im Vordergrund: schwindelerregende Höhen, scharfkantige Engführungen, urplötzliche Sprints. Scheitern gehört hier zum klingenden Menschenbild. Gijs Leenaars beschreitet mit seinem Chor einen anderen Weg. Mit Leichtigkeit und Flexibilität vermeiden sie nicht nur gefürchtete Lautstärken, ihre Missa erstrahlt von innen – auch ohne die Beschwörung des Krieges, der um sie herum herrscht. Dessen Klänge wehen von fern vorüber, das genügt, um Frieden herbeizusehnen. Der Rundfunkchor hat mit der „Missa“ bis zum Beethovenjahr 2020 noch viel vor, plant einen Film und eine Konzertperformance. Die lichte, warme Interpretation öffnet dafür das Herz.

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