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Blick auf das Bode-Museum mit Fernsehturm
© imago

Berliner Baugeschichte: Stilgebräu an der Museumsinsel

Die TU Berlin hat alte Pläne für die Museumsinsel von 1883 widerentdeckt. Schon damals gab es Architekturwettbewerbe.

Jüngst wurde ein Ideenwettbewerb für das geplante Museum der Moderne am Kulturforum ausgeschrieben, und groß ist die Hoffnung auf ein gutes Ergebnis. Einen vergleichbaren Wettbewerb gab es 1883 – für das weit größere Vorhaben der Bebauung der Museumsinsel. Das ganze Areal hinter den damals bereits bestehenden Häusern des Alten und des Neuen Museums sowie der (Alten) Nationalgalerie stand zur Verfügung. Doch das Ergebnis des 1884 entschiedenen, jedoch ohne 1. Preis gebliebenen Wettbewerbs wurde alsbald Makulatur, die Geschichte der Museumsinsel nahm eine andere Wendung.

Es bedurfte zweijähriger Forschungsarbeit an der TU Berlin, die interessanten Einreichungen zum Wettbewerb zu rekonstruieren. 52 Architekturbüros nahmen teil, doch hätte es damals nicht eine aufwendige Publikation mit exakt der Hälfte der Beiträge gegeben, wir wüssten heute nicht, wie fantasievoll damals gedacht wurde. Die andere Hälfte der Einreichungen konnte rekonstruiert werden. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit unter Leitung von Bénédicte Savoy, Hans-Dieter Nägelke und Nikolaus Bernau sind jetzt in der Attrappe von Schinkels Bauakademie zu bewundern.

Die Entwürfe zeigen ein Formengemisch nach Pariser oder Wiener Vorbild

Bewundernswert ist die Könnerschaft der Zeichnungen, die alle Facetten des in Hochblüte stehenden Historismus zeigen: riesige Kuppeln, weit gespannte Säle, Treppen, Säulen, Giebel. Es galt, den kurz zuvor ausgegrabenen Pergamon-Altar würdig unterzubringen und die zahllosen weiteren Antiken gleich mit, die Berlins Museen binnen kürzester Zeit zur Weltgeltung verhalfen. Schinkels Klassizismus war passé, es herrschte ein Stil- und Formengemisch nach Pariser oder Wiener Vorbild. Die meisten Wettbewerbsteilnehmer sind heute vergessen. Man kennt noch Franz Schwechten, den Erbauer der Gedächtniskirche. Alle Entwürfe suchten eine grandiose Fassadenwirkung entlang des Kupfergrabens und überspielten gnädig die kurz zuvor erbaute Stadtbahntrasse, die die Insel durchschneidet. Später setzte sich die nüchterne Lösung durch, auf der Inselspitze einen Solitär zu bauen, das heutige Bode-Museum.

Das Pergamon-Museum kam erst im 20. Jahrhundert zustande. Da geriet der Historismus mit seinen aus dem Musterbuch gesuchten Formen und seinem überladenen Zierrat in Verruf. Sogar Alfred Messel, der 1907 das ernste und wuchtige Pergamon-Museum skizzierte, war bereits 1883 dabei. Auch wenn nichts gebaut wurde, so lassen doch die klug konzipierte Ausstellung und das großartige und materialreiche Begleitbuch ein vergessenes Kapitel der Berliner Baugeschichte wiedererstehen.
Bauakademie am Schinkelplatz, bis 11. 10., Di-So 12-18 Uhr. Führungen Samstag, 16 Uhr, Sonntag, 14 Uhr. Katalog (Verlag Ludwig, Kiel) 25/40 €.

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