Berliner Schloss: Stiftungssprecher verteidigt Kreuz auf dem Humboldt-Forum
In der Politik wird das geplante Kreuz für das Humboldt-Forum mitunter kritisiert. Johannes Wien, Vorstandssprecher der Stiftung Humboldt-Forum, verteidigt es hingegen.
Herr Wien, wie erklären Sie Kreuz-Kritikern, warum das Schloss von einem Kreuz gekrönt werden soll?
Am Anfang stand der Bundestagsbeschluss von 2002, das Berliner Schloss zu rekonstruieren. Der Architekten-Wettbewerb 2008 sah dann vor, dass die barocken Nord-, West- und Südfassaden sowie der Schlüterhof wieder hergestellt werden sollen. Der Wettbewerbssieger Franco Stella fügte dem noch die Kuppel und die Innenportale 2,3 und 4 hinzu - die alternativen Entwürfe fand die Jury nicht überzeugend. Das Kreuz ist nur ein Teil von dem, was schon damals beschlossen wurde.
Und wer entscheidet, was zur Rekonstruktion dazugehört und was nicht?
Die Denkmalpflege beim Humboldt-Forum ist zwar nicht das Maß aller Dinge ist, da es sich formal um einen Neubau handelt. Aber damit wir nicht in den Verdacht kommen, dass nach Belieben rekonstruiert wird, achtet eine Expertenkommission darauf, dass wir so originalgetreu wie möglich rekonstruieren. Das gilt für Portale und Fenster ebenso wie für Adler, Kuppel, die Wappen der römischen Könige als Schmuckelemente oder eben das Kreuz. Es gehört zur Gesamtkomposition der Kuppel samt Laterne dazu: So wie die Kuppel ursprünglich gebaut wurde, soll sie auch rekonstruiert werden. Lediglich beim Material weichen wir ab: Der ursprüngliche Zinkguss ist nicht widerstandsfähig genug, deshalb wird jetzt einen andere Legierung verwendet.
Viele sagen jetzt wieder, die historische Hülle und das moderne Innere passen nicht zusammen.
Das Außen und Innen passen beim Humboldt-Forum immer auf besondere Weise zusammen und nicht zusammen. Außen das Schloss eines barocken Königs, innen die außereuropäischen Sammlungen – viele machen einen Konflikt daraus. Mit der Kunstkammer im Schloss lag hier der Ursprung der Sammlungen auf der Museumsinsel. Im Übrigen bekennen wir uns mit der Gesamtarchitektur ja auch nicht zum barocken Absolutismus, genauso wenig wird das Schloss durch das Kreuz zum Sakralbau.
Zur Auseinandersetzung mit Geschichte gehört dazu, dass einige strittige Symbole erhalten bleiben, damit zukünftige Generationen die Gelegenheit erhalten, über den ursprünglichen Zweck ("Gott und Vaterland") aufgeklärt zu werden.
schreibt NutzerIn Eispickel
Was war denn zuerst da, der Wille, das Kreuz wieder zu errichten, oder die Spende fürs Kreuz?
Ohne Spenden hätte es nur die Grundkuppel gegeben, die eher einer Sternwarte ähnelt. Aber der Beschluss, sie samt Schmuck zu rekonstruieren, galt von Anfang an unabhängig davon. Wobei die Spenden für Kuppel, Laterne und Kreuz jeweils zweckgebunden sind, man kann sie nicht einfach umwidmen, wie es hier und da nun gefordert wurde. Es fehlen jetzt lediglich noch einige Kolossalfiguren auf der Kuppel, aber die können auch später hinzugefügt werden, wenn sie noch über Spenden finanziert werden.
Hat die Heftigkeit der Kreuz-Debatte Sie überrascht?
Die Auseinandersetzung um das Kreuz hat gewiss symbolischen Charakter, man streitet sich eigentlich um andere Dinge. Offenbar hat sich die ja durchaus legitime Frage nach einer historischen Rekonstruktion generell noch nicht erledigt. Da gibt es keinen einmal erarbeiteten Stand, die Frage stellt sich immer wieder - wie jetzt auch der bei der Diskussion um die Wiedererrichtung der Bauakademie zu sehen ist. Außen Barockschloss, innen Museum, das wird wohl noch 2019 bei der Eröffnung des Humboldt-Forums Thema sein. Es geht auch um die Diskussion, wie wir unsere Kultur und unsere Wertvorstellungen vermitteln, mit welcher Toleranz, auf welcher Kommunikationsgrundlage. Da wird etwa unterstellt, mit dem Kreuz würde die Aussagekraft des Humboldt-Forums als Ort der Weltkulturen konterkariert. Das halte ich, mit Verlaub, für Unsinn.
Soll die Debatte im Humboldt-Forum selber vielleicht thematisiert werden?
Im Humboldt-Forum befassen wir uns ohnehin mit der Geschichte des Ortes, mit der preußischen Historie genauso wie damit, dass hier einmal der Palast der Republik stand. Das ist Teil unseres Konzepts. Bei Führungen habe ich bisher immer erzählt, dass in der Kapelle unter der Kuppel 1913 die Hochzeit der Kaiserstochter stattfand. Es war auch ein letztes Treffen der monarchischen Cousins, es stellt sich also die Frage, ob der Erste Weltkrieg vielleicht doch noch durch monarchische Diplomatie hätte verhindert werden können. Künftig werden wir womöglich auch das Kreuz thematisieren. Interessant ist ja außerdem, dass die Schlosskuppel bei der Planung der Reichstagskuppel eine Rolle spielte. Auch die Domkuppel kam erst später.
Die Fragen stellte Christiane Peitz.