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Santa Maria della Misericordia heißt die ehemalige Kirche, in der Christoph Büchel sein Moschee-Projekt realisierte. Schon im Vorfeld der Biennale hatte die katholische Gemeinde Venedigs protestiert.
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Biennale in Venedig: Stadt verbietet Moschee-Kunstprojekt in Kirche

Bei der Biennale Venedig schließt die Stadt ein Moschee-Kunstprojekt des Schweizers Christoph Büchel. Die Begründung: Die Kirche, in der die Moschee-Installation untergebracht ist, darf nicht für religiöse Zwecke genutzt werden.

Zehn Jahre ist es her, dass Gregor Schneiders Kaaba-Kubus auf dem Markusplatz bei der Biennale Venedig verboten wurde. Alle Beteuerungen des Künstlers, sein „Cube Venice 2005“ sei keine Rekonstruktion der Kaaba in Mekka, des zentralen Heiligtums des Islams, sondern eine assoziative Skulptur, waren vergebens. Schneider durfte seinen 15 Meter hohen schwarzen Würfel gar nicht erst aufstellen. Man wolle die Muslime nicht provozieren, hieß es. Schneider versuchte daraufin, die Installation in anderen Städten zu realisieren. Nun, auf der 56. Biennale Venedig, gibt es erneut Streit um eine Installation, die auf Venedigs Geschichte als Schmelztiegel der islamischen und der christlichen Welt anspielt. Und ein erneutes Verbot.

Am Freitag wurde dem Moschee-Kunstprojekt des Schweizer Künstlers Christoph Büchel die Betriebserlaubnis entzogen, zwei Wochen nach Eröffnung der Biennale. Büchel hatte in der ehemaligen katholischen Kirche Santa Maria della Misericordia eine Moschee installiert – in einer Stadt, in der auch heute viele Muslime leben, ohne dass es eine Moschee im historischen Zentrum Venedigs gibt. Auch Pläne für ein islamisches Museum hatten in jüngster Zeit Kontroversen ausgelöst – und wurden zu den Akten gelegt.

Schon deshalb sorgte Büchels Projekt bereits im Vorfeld für Diskussionen: Die katholische Gemeinde und die an der Lagune einflussreiche Rechtspartei übten bereits im April Kritik – nächstes Wochenende stehen in Venedig Bürgermeisterwahlen an. Eine Genehmigung wurde zunächst dennoch erteilt. Nun jedoch verweist die Stadt darauf, dass Muslime in der Moscheekirche gebetet hätten – was gegen die Auflage verstößt, dass das Gebäude nicht für religiöse Zwecke genutzt werden darf. Als Grund für die Schließung werden seitens der Kommune und der Polizei außerdem nicht eingehaltene Sicherheitsvorgaben geltend gemacht. Die Kuratoren – es handelt sich um einen Länderbeitrag des isländischen Pavillons – haben nun 60 Tage Zeit, Einspruch gegen die Schließung einzulegen.

Geschlossen. Christoph Büchels Moschee-Projekt in einer ehemaligen Kirche - ein Länderbeitrag Islands zur Biennale - ist in die Kritik geraten und wurde am Freitagmorgen von den städtischen Behörden geschlossen.
Geschlossen. Christoph Büchels Moschee-Projekt in einer ehemaligen Kirche - ein Länderbeitrag Islands zur Biennale - ist in die Kritik geraten und wurde am Freitagmorgen von den städtischen Behörden geschlossen.
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Das ist die Frage: Verwandelt sich ein Kunstraum in einen Sakralraum, wenn jemand darin betet, zu welchem Gott auch immer? Wird Kunst zu einem religiösen Akt, wenn der Künstler wie in diesem Fall mit den muslimischen Gemeinden Venedigs kooperiert? Fragen, von denen es sich lohnte, sie auf der Biennale zu diskutieren, die bislang viele enttäuschte. Das Icelandic Art Center erläutert auf seiner Website die Absicht des Projekts: „The Mosque“ wolle die Aufmerksamkeit auf institutionalisierte Ausgrenzung und Vorurteile lenken, ebenso auf die von einer bestimmten Einwanderungspolitik ausgelösten Konflikte in einer Welt der ethnischen und religiösen Auseinandersetzungen. Man habe eine Plattform für die Kommunikation zwischen den Kulturen bieten wollen. Das Art Center bedauert die Schließung, zumal in einer Stadt, „deren Kultur so sehr von der arabischen Welt beeinflusst ist“. Mit ihrem Beschluss hätten die Stadtoberen sich entschieden, Venedigs Geschichte zu verleugnen und die Möglichkeit auszuschlagen, sie erneut zu einem Zentrum des Dialogs zu machen. (mit dpa)

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