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Kultur: Kunst und Kubus

Nicola Kuhn über den Streit um Gregor Schneiders Kaaba

Im Sommer hatte der deutsche Biennale-Künstler Gregor Schneider eine Absage für seinen sechs mal sechs mal sechs Meter großen, schwarzen Kubus auf dem Markusplatz in Venedig erhalten. Nun wurde ihm auch in Berlin die Aufstellung versagt. Eine weitere Enttäuschung für den Bildhauer aus Rheydt, der vor vier Jahren für seine Verwandlung des deutschen Pavillons in das „Tote Haus Ur“ in Venedig den Goldenen Löwen erhielt und vom Direktorium der Biennale erneut um einen Beitrag gebeten worden war. Die Stadtverwaltung Venedigs hatte seinen Würfel jedoch abgelehnt: Er erinnere zu stark an die Kaaba in Mekka, Attentate seien zu befürchten.

Als Ausweichmöglichkeit hatte Schneider Kontakt mit dem Hamburger Bahnhof in Berlin aufgenommen. Generaldirektor Peter-Klaus Schuster ließ ihm jedoch mitteilen, dass allein der Markusplatz mit seinen Kolonnaden zur Präsentation geeignet sei. Der Künstler reagierte verstimmt, da er seine ebenso an das schwarze Quadrat Malewitschs erinnernde Installation keineswegs für einen einzigen Ort entwickelt haben will. Jetzt signalisiert der Leiter des Hamburger Bahnhofs, Eugen Blume, dass der Entscheidungsprozess noch nicht abgeschlossen sei. Das Schattenspiel um Schneiders schwarze Kaaba kann weitergehen.

In Venedig glaubte man noch an einen Akt von Zensur – unter dem Deckmantel des zu schützenden Markusplatzes. In Berlin kann davon nicht mehr die Rede sein. Die Diskussion um Ähnlichkeiten mit einer Kaaba, um Glauben und Islam dürfte ein Museum für zeitgenössische Kunst kaum fürchten. Dafür rückt der Künstler als kämpferischer Stratege in den Blick, der seinem Ärger über die Museumsgewaltigen öffentlich Ausdruck gibt. In Venedig, diesem historischen Treffpunkt von Orient und Okzident, hätte seine Arbeit auf den genius loci angespielt. Jetzt scheint es Schneider nur noch um die Realisierung zu gehen, egal wo. Damit entzieht er seiner Kunst den Boden.

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