George-Tabori-Preise 2014: Sasha Waltz gehört nach Berlin!
Bei der Verleihung der George-Tabori-Preise im Berliner Festspielhaus gab es eine erstaunlich witzige Rede und ernste Appelle an die Politik. Denn auch die Freie Szene braucht ihre Leuchttürme und Sasha Waltz gehört nach Berlin.
Bundestagspräsident Norbert Lammert hält auf der Bühne des Berliner Festspielhauses die vermutlich witzigste Rede eines deutschen Politikers seit Jahren – weil der eloquente Theaterfan (aus Bochum, Peymann-Zeiten!) eigentlich gar keine Rede hält. Da sich die Termine im Bundestag, mit abendlichen namentlichen Abstimmungen, offenbar überstürzten, muss Lammert gleich zu Beginn der Feier für die George-Tabori-Preise 2014 wieder zurück ins Parlament. Und so spricht Lammert ohne sein Redemanuskript über das Nichtreden und das Unvollendete, auch über das Scheitern, das der große Tabori, dessen Bild über der Bühne hängt, als die größte Kunst des Theaters bezeichnet hatte: sozusagen als Abbild des wahren Lebens und frei nach Becketts & Taboris Lieblingssatz „Scheitern, wieder scheitern, besser scheitern“.
Dann ist Lammert weg, und wieder mehr vom Gelingen die Rede. Aber auch vom Preis des Gelingens. Vom Geld, ohne das die ganze Kunst nicht leben und besser scheitern kann. Den Tabori-Preis für die freie kreative Szene und 20 000 Euro vergibt die Jury des Fonds Darstellende Künste an das Berliner Avantgarde-Opernensemble Novoflot und einen Förderpreis (10 000 Euro) ans gleichfalls berlinische Kindertheater „o. N.“. Den undotierten Ehrenpreis zu George Taboris heutigem 100. Geburtstag aber erhält Sasha Waltz & Guests.
"Beste Botschafterin Berlins in der Welt"
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte die weltberühmte Berliner Choreografin schon in einem Tagesspiegel-Beitrag vor drei Wochen als Symbol für die „Kulturnation Deutschland“ gerühmt. Klaus-Dieter Lehmann, der Präsident des Goethe-Instituts, verbindet nun in seiner Laudatio im Festspielhaus die Würdigung der „besten Botschafterin Berlins in der Welt“ mit einem Appell an die Politik (und die Künstlerin), sich über ihre Zukunft zu einigen.
Auch da geht es um (mehr) Geld für die aus der Off-Szene längst herausgewachsene Tanzmeisterin, die ihre Basis in Berlin materiell gefährdet sieht. Summen sind im Spiel, von denen die ärmeren freien Theater nur träumen können. Aber: Auch die Freie Szene braucht ihre Leuchttürme. Als Sasha Waltz, gerade halb so alt wie Tabori, dann ihre ganze Compagnie mit Kind und Kegel auf die große Bühne holt, wirkt das so ausstrahlend, dass auch Berlins neuer Kulturstaatssekretär Tim Renner sichtlich ergriffen ist. Er wird das, hierin liegt seine Chance, wohl bald zur Chefsache machen.
Peter von Becker
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