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Kultur: „Ich habe einen Traum begraben“

Sasha Waltz über die Zukunft ihrer Kompanie.

„Das ist nicht nur eine Entscheidung gegen Sasha Waltz, sondern gegen den Tanz.“ So kommentierte die Berliner Choreografin am Freitag beim Pressegespräch im Haus der Berliner Festspiele die harte Haltung von Klaus Wowereit. Denn jetzt ist die Katze aus dem Sack: Am Donnerstag beschloss der Hauptausschuss, dass die Kompanie Sasha Waltz & Guests trotz anerkannten Mehrbedarfs nicht mehr Geld erhalten wird. Auch von einer Querfinanzierung durch Mittel der Opernstiftung war nicht mehr die Rede – eine Lösung, von der Waltz eh nichts wissen wollte.

„2013 war für mich ein Jahr der Extreme“, sagt sie. Künstlerisch sei es ein wichtiges und herausforderndes Jahr gewesen, aber emotional eine Achterbahnfahrt. Damit spielte Waltz auf die Verhandlungen über eine Aufstockung der Förderung an. „Ich habe gezeigt, wozu wir fähig sind“ – nämlich zu Gastspielen in aller Welt, den Premieren von „Sacre du Printemps“ in Moskau, Paris und Berlin, der Ausstellung im Karlsruher Medienmuseum ZKM, den Aufführungen zum 20-jährigen Jubiläum der Kompanie in Berlin, um nur einige Stationen zu nennen. Gefruchtet hat es nichts, wie man jetzt weiß. „Der Tanz ist eben eine unterschätzte Kunstform“ – so das lakonische Resümee der Choreografin.

Zwar wirkt Sasha Waltz gefasst, doch es klingt Bitterkeit durch, als sie sagt: „Wir sind eine freie Gruppe – so werden wir vom Senat gesehen. Der Schritt ist vollbracht.“ Die Konsequenzen für die Kompanie: Alle festen Verträge der Tänzer werden aufgelöst, der Mitarbeiterstamm von 35 auf 22 reduziert. Was das für die Ensemblearbeit und die Repertoirepolitik heißt, kann Waltz noch nicht sagen.  „Ich habe einen Traum begraben müssen.“ In die Trauer mischt sich Wut, doch sie wolle nach vorne schauen. Hat sie jetzt vor, Berlin zu verlassen? „Ich werde jedes Angebot ernsthaft prüfen. Wenn es mir die Bedingungen gibt, die ich brauche, werde ich möglicherweise die Stadt verlassen. Ich bin offen in alle Richtungen.“ Zwar will sie nicht leichtfertig aufgeben, was sie hier aufgebaut hat. Doch genug Abenteuerlust für einen Wechsel sei immer noch vorhanden. Zudem fehlt ihr ein künstlerisches Zuhause: „Wir waren viele Jahre Nomaden in der Stadt, in der Welt. Wir brauchen einen Ort.“

Waltz gibt auch einen Ausblick auf 2014. Den „Tannhäuser“ an der Staatsoper realisiert sie allein als Choreografin. Für „Orfeo“, eine neue Kreation von Sasha Waltz & Guests, sind zwar Lottomittel bewilligt worden. Doch es gibt noch keinen Spielort in Berlin. Jochen Sandig, ihr Ehemann und Mitbegründer der Kompanie, appelliert zum Schluss an die Opernhäuser, sie doch einzuladen. Und schickt ein Fazit hinterher: „Es war eine politische Entscheidung. Denn das Land Berlin verfügt durchaus über wirtschaftliche Mehreinnahmen.“ Sandra Luzina

Sandra Luzina

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