„The Happy Prince“ auf der Berlinale: Rupert Everetts Hommage an Oscar Wilde
Ein Herzensprojekt. Der Schauspieler Rupert Everett stellt sein Regiedebüt „The Happy Prince“ in den Berlinale Specials vor.
Ein guter Schachzug für die Karriere. So sah Rupert Everett seine Rolle als Oscar Wilde in „The Happy Prince“ zunächst, als er vor etwa zehn Jahren begann, das Drehbuch zu schreiben. Kein Wunder, könnte man meinen, hat der britische Schauspieler doch schon in mehreren Wilde-Verfilmungen gespielt. Der irische Dichter ist ihm nahe, sagt er in Berlin. Dass er am Ende auch die Regie übernehmen würde, war allerdings nicht geplant. Das Debüt hat ihn erschöpft, meint er beim Gespräch im Berliner Hotel, es sei ein Riesenkraftakt gewesen.
Aber „The Happy Prince“ ist ein Herzensprojekt, das spricht aus jedem seiner Sätze. Weil unglaublicherweise kein Kollege den Job übernehmen wollte, ist Everett schließlich selbst eingesprungen. Als absolute Diktatorenherrschaft bezeichnet er die Arbeit scherzhaft. Niemand habe ihm sagen können, wann er Fehler machte – Everett grinst. Das tut er oft; sich selbst nimmt der aus mehr als 40 Filmen bekannte Schauspieler, der sich mit „Another Country“ und „Die Hochzeit meines besten Freundes“ einen Namen machte, nicht allzu ernst. Seinen Film umso mehr.
Everetts Liebe zu Oscar Wilde spiegelt sich in jedem Filmbild wider. „The Happy Prince“ ist eine große Liebeserklärung an den irischen Dichter, allerdings keine, die glorifiziert. Everett zeigt den Dichter als gebrochenen, verlorenen Mann in seinen letzten Jahren im Pariser Exil.
Everetts Film durch und durch
Seine langjährige Beziehung zu dem jüngeren Lord Alfred Douglas „Bosie“ (Colin Morgan) und der damit verbundene Skandal liegt da hinter ihm, ebenso seine Zeit im Zuchthaus und die schwere Zwangsarbeit, zu der er wegen Unzucht verurteilt worden war. Bosies Vater John Sholto Douglas hatte Wilde wegen des Verhältnisses zu seinem Sohn provoziert, es folgten drei Gerichtsverhandlungen, in denen Wilde vom Kläger zum Angeklagten wurde. Als er im Mai 1897 entlassen wird, ist seine Gesundheit ebenso ruiniert wie seine gesellschaftliche Stellung. Er flieht nach Paris und stirbt hoch verschuldet im November 1900.
Rupert Everett versteckt gar nicht erst, dass er einen gebrochenen Mann verkörpert. Zunächst lässt er den einst umjubelten Stardichter eine treue Bewunderin auf der Straße um Geld anbetteln. Wenig später wankt er mit verschmiertem Rouge auf Wangen und Lippen in eine Kneipe. Das Gesicht ist eingefallen, die Wangen schlackern, der Körper ist aufgedunsen. Seine Lebenslust hat er dennoch nicht verloren, er lebt über seine Verhältnisse, kann von seinem luxuriösen Leben niemals ganz lassen.
Es ist Everetts Film durch und durch. Er erzählt das Geschehen aus Wildes Sicht, die Kamera ist immer nahe bei ihm. Er wechselt zwischen Rage und Gefallsucht, zwischen Resignation und Lebenskampf. Sein Wilde ist nicht sympathisch Mensch – und man mag ihn dennoch. Weil Everett ihn als Menschen zeigt. Einen, der auf der Suche nach Liebe ist, nach Geborgenheit und Erfüllung. Dass er diese Liebe in Robbie Ross (Edwin Thomas) auch findet, erkennt er zu spät – was zu beobachten mehr schmerzt als die zerbrochene Beziehung zu seiner Frau Constance (Emily Watson). Eine ebenfalls gebrochene Frau, die sich nie von Wilde scheiden ließ, weil sie ihn liebte, erklärt Everett. Dass sie nicht viel Raum in seinem Film erhält, begründet der Regisseur damit, dass „sie zu der Zeit nicht bei ihm ist. Somit darf sie hier nicht zu oft auftauchen.“ Ihr Auftritt wirkt dennoch nach. Genauso wie der von Colin Morgan als Dandy Bosie.
Am deutlichsten zeigt Edwin Thomas , dass eine Rolle nicht groß sein muss, um zu berühren. Sein Robbie Ross wirkt wie ein Fels, umso stürmischer Everetts Wilde. „Love is everything“ heißt es im Film. Das gilt gleichermaßen für Everetts Hingabe an seine Titelfigur.
18.2., 9.30 Uhr (Zoo Palast 1), 18 Uhr (Cubix 8), 19 Uhr (Haus der Berliner Festspiele), 25.2., 9.30 Uhr (Friedrichstadt-Palast)
Sarah Kugler