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Schwul im Film, aber nicht im realen Leben: Jake Gyllenhaal und Heath Ledger in „Brokeback Mountain“. In Hollywood werden immer mehr homosexuelle Rollen mit Hetero-Schauspielern besetzt.
© picture-alliance/ dpa

Schwule und Lesben in Hollywood: Keine Schwulen-Rollen für Schwule

In Hollywood werden immer mehr Schwulen- und Lesben-Rollen mit Hetero-Schauspielern besetzt. Obwohl die Zahl der Rollen wächst, können sich homosexuelle Schauspieler nur selten beweisen. Ihnen bleiben oft nur Nebenrollen.

Hollywood steckt mitten im Award-Fieber. Man wartet auf die Oscars und die Golden Globes. Doch mitten in die Festtagsstimmung platzt ein handfester Skandal. Ausgerechnet in der als liberal geltenden Traumfabrik wird diskutiert, warum für homosexuelle Rollen eigentlich immer heterosexuelle Schauspieler gecastet werden?

Umgekehrt könnte man fragen: Warum bekommen homosexuelle Schauspieler nur Nebenrollen? Und warum sind sie erneut nicht unter den Nominierten? Möglicherweise weil die meisten schwulen und lesbischen Schauspieler in Hollywood nur zur sogenannten „B-List“ gehören – sie stehen in der zweiten Reihe und haben, unabhängig von ihrer sexuellen Neigung, einfach nicht das Format von Superstars wie Michael Douglas, Johnny Depp oder Angelina Jolie.

Zu den prominentesten Schwulen und Lesben in Hollywood gehören Rupert Everett („Die Hochzeit meines besten Freundes“), Alan Cumming („Spy Kids“, „Eyes Wide Shut“), Neil Patrick Harris („Doogie Howser“) und Cynthia Nixon („Sex and the City“). Auf der Leinwand sind sie meist nur im Hintergrund zu sehen, häufig auch nur als Stimmen in Filmen wie „Shrek“ (Everett) und als Gaststar im neuen Schlümpfe-Film (Harris). Große Rollen gibt es höchstens in Fernsehserien.

Das sorgt in der Szene für Trubel. Immerhin ist es fast ein Jahrzehnt her, dass letztmals ein bekennender Homosexueller für die höchste Auszeichnung Hollywoods nominiert war: das war Ian McKellen im Jahr 2002 für seine Darstellung des Gandalf in der Film-Trilogie „Herr der Ringe“.

Seither gab es aber auch kaum Besetzungen, in denen sich homosexuelle Schauspieler beweisen konnten. Selbst die naheliegenden Rollen von Schwulen oder Lesben bleiben ihnen verwehrt: Das schwule Paar in „I Love You Phillip Morris“ wurde von Jim Carrey und Ewan McGregor gespielt; das lesbische Paar in „The Kids Are All Right“ gaben Annette Bening and Julianne Moore – alle vier sind heterosexuell.

In den letzten Jahren war das immer so. Der Part des schwulen kalifornischen Bürgerrechtlers Harvey „Milk“ ging an Sean Penn, die schwulen Cowboys in „Brokeback Mountain“ wurden von Heath Ledger und Jake Gyllenhaal gespielt, Philip Seymour Hoffman mimte den schwulen Schriftsteller Truman „Capote“ und schon sehr viel früher spielten Tom Hanks in „Philadelphia“ und Robin Williams in „The Birdcage“ schwule Rollen.

Bei den Frauen ist das ähnlich: Hillary Swank trat in „Boys Don’t Cry“ als Lesbe auf, Charlize Theron im Oscar-Erfolg „Monster“.

Diese Besetzungspolitik hat Folgen. Rupert Everett hat homosexuellen Kollegen in Hollywood jetzt in einem Interview geraten, sich lieber nicht zu outen. „Ihr bekommt sonst keine guten Rollen mehr“, warnt er aus Erfahrung und brachte damit die Diskussion in Gang. Seither hat sich Altstar Richard Chamberlain („Dornenvögel“) ähnlich geäußert, auch er kommt seit Jahren über kleine Gastauftritte nicht hinaus.

Sich nicht zu outen hat in Hollywood lange Tradition, wie zwei Beispiele aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren zeigen. Der legendäre Montgomery Clift, der seine männlichsten Auftritten an der Seite von Liz Taylor hatte und auch mit Marlon Brando und Burt Lancaster arbeitete, war bisexuell, was zu seinen Lebzeiten allerdings nur die engsten Freunde wussten. Ein öffentliches Bekenntnis hätte für Clift damals wohl das sichere Aus bedeutet. Auch Rock Hudson, der vor allem an der Seite von Doris Day glänzte, war schwul, machte das aber nie öffentlich.

Seither mögen sich die Zeiten geändert haben, und Hollywood ist ohne Zweifel wesentlich liberaler geworden. So selbstverständlich wie hier sind Schwule und Lesben höchstens noch in New York. Doch drehen die großen Studios ihre Filme nicht für sich, sondern für ein breites Publikum. Und das ist in weiten Teilen Amerikas wie auch in anderen Staaten noch immer so konservativ, dass man den prominenten Einsatz homosexueller Darsteller aus Angst um die Einspielergebnisse meidet.

Wenn bei den Oscars also auch in diesem Jahr keine homosexuellen Stars geehrt werden, liegt das weniger an der Atmosphäre in Hollywood, als am amerikanischen Publikum, das offensichtlich so weit noch nicht ist.

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