Museum Europäischer Kulturen: Rote Liebe
Nach der Schließung der ethnologischen Sammlungen: Wie das Museum Europäischer Kulturen in Dahlem um Besucher kämpft.
Keine drei Wochen ist es her, dass die Türen der Dahlemer Museen verschlossen wurden, der Haupteingang in der Lansstraße verriegelt ist. Das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst packen nun endgültig ihre Sachen für den Umzug ins Humboldt-Forum in Mitte. Nur auf der Rückseite des weiträumigen Komplexes aus Ausstellungshallen, Depots und Verwaltungstrakten harrt ein letzter Mohikaner aus: das Museum für Europäische Kulturen, das sich seit jeher im Hintergrund befindet, im Altbau von Bruno Paul.
Wer bisher den Standort Dahlem der Stiftung Preußischer Kulturbesitz besuchte, gelangte meist erst auf dem Weg durch die Ausstellungsräume der Mitbewohner ins Museum der Europäischen Kulturen und hielt es häufig nur für eine weitere Unterabteilung.
Das hat sich mit der Schließung an der Vorderfront radikal geändert. Das MEK, wie sich das Museum der Europäischen Kulturen, nur noch knapp und aufmüpfig nennt, ist seitdem Solist und kann nun die Aufmerksamkeit allein auf sich lenken.
Eine neue Corporate Identity soll her
Von wegen auf dem Weg ins Humboldt-Forum vergessen, auch wenn Direktorin Elisabeth Tietmeyer immer noch sichtbar schmerzt, dass bei der Gründung des Humboldt-Forums als Heimstatt der Weltkulturen ausgerechnet Europa, der eigene Kontinent, nicht berücksichtigt wurde. Hinzu kam die wachsende Begeisterung der Kollegen für den Neustart in Mitte, die erwartbare Aufmerksamkeit im Zentrum der Stadt nach Jahren des Abgehängtseins im Berliner Südwesten. Elisabeth Tietmeyer aber begreift die neue Situation als Herausforderung, wie soll sie auch anders, und hat sich als Erstes eine eigene Design- und Werbeagentur genommen, mit der sie aus dem edlen Grau der Corporate Identity der Stiftung Preußischer Kulturbesitz heraustreten darf.
Flammend rot flattert eine Fahne auf dem Dach des Bruno-Paul-Baus mit dem Schriftzug MEK, flammend rot sind die Plakate, mit denen die Besucher um den früheren Haupteingang herum zur Rückseite geleitet werden. Denn darin besteht das andere Dilemma: Das gewaltige Entree wird für die Verpackungsarbeiten der Ausstellungsstücke gebraucht, die für den Umzug vorgesehen sind. Nur bei Tagungen wird es geöffnet, wenn der daruntergelegene Veranstaltungssaal benötigt wird. Die Eingangslogistik muss deshalb von vorn nach hinten gekrempelt werden. Das trostlose Foyer im Bruno-Paul-Bau bekommt dafür endlich eine Sanierung.
„Ich bin dann mal MEK“
Wer drin steht, ist als Besucher längst gewonnen. Doch das MEK muss um sein Publikum in der ganzen Stadt kämpfen, der Auszug der anderen beiden Museen hat das Image eines aufgegebenen Stiftungsstandorts im Südwesten nur verstärkt. „Ich bin dann mal MEK“ lautet die Werbekampagne, mit der das Museum in den nächsten Wochen auf sich aufmerksam machen wird – mit Motiven aus Venedig, Paris und dem Versprechen einer Reise in andere Welten, eines Ausstiegs aus dem Alltag etwa in Berlin-Mitte. Den allerdings bieten etwa auch die Häuser auf der Museumsinsel, also nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal. Die Irritation, dass MEK nicht nur mit „weg“, sondern auch Elimination gleichgesetzt werden könnte, nimmt die Kampagne ebenfalls in Kauf.
Als zweite Strategie setzt Tietmeyer auf Vernetzung mit anderen Institutionen in „Berlins grünem Museumsbezirk“ und gerät ins Schwärmen für ihre neu entdeckten Nachbarn. Insbesondere mit der Domäne Dahlem und dem Botanischen Museum will sie sich verbünden und ein gemeinsames Ticketing einführen. Mit Neil MacGregor, dem Intendanten des Humboldt-Forums, und besonders Paul Spies, dem Direktor der Stiftung Stadtmuseum, sind gemeinsame Projekte geplant. In der „Berlin-Etage“ des Humboldt-Forums wird das MEK ebenfalls präsent sein, denn ohne den Blick auf Europa würde etwas fehlen, das haben die Macher sehr schnell gemerkt und sind in Dahlem vorstellig geworden.
Aktuell läuft eine von Geflüchteten gestaltete Ausstellung
Bange ist Elisabeth Tietmeyer auch in ihrem Haus nicht. In den ersten drei Wochen solo kamen sogar mehr Besucher als sonst, mit 45 000 im vergangenen Jahr zeigt sich die Direktorin zufrieden. Das Konzept Gegenwartsorientierung und Partizipation kommt an. Demnächst zieht noch das Juniormuseum ein, das künftig stärker mit der älteren Generation zusammenarbeiten wird, von der die Jüngeren Handwerkliches lernen sollen. Aktuell läuft die Ausstellung „daHEIM“, gestaltet von Menschen aus Albanien, Afghanistan, Bosnien, Irak, Kosovo, Pakistan, Syrien, die sich an ihre dramatische Reise nach Berlin erinnern – und daran, dass Europa bereits im 19. und 20. Jahrhundert Ort der Zuflucht und der Vertreibung war. Das MEK hatte das Thema Migration immer schon auf der Agenda. Es selbst bleibt trotzig, wo es ist.
Museum der Europäischen Kulturen, Arnimallee 25, bis 2. 7.; Di bis Fr 10–17 Uhr, Sa / So 11–18 Uhr.
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