Burkina Faso-Festival in Berlin: Rausch wird zu Rhythmus
Inklusion als Einladung in Taktform: Das „Woka Kuma“-Festival bringt westafrikanische Musikerinnen nach Berlin.
Das erste Paradox: Der Abend und seine Bühne stehen im Zeichen der Powerfrauen, ob an der Drum oder am Mikrofon. Geehrt werden aber eigentlich nur Männer. Bürgermeister, Botschafter. Das zweite Paradox: All das geschieht auf Französisch, ohne Übersetzung. So scheitert die interkulturelle Begegnung für so manchen Besucher schon an der Sprachbarriere.
Burkina Faso, die Republik in Westafrikas Mitte, ist zum vierten Mal beim „Woka Kuma“-Festival zu Gast in Berlin, diesmal in der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Ein Land der Widersprüche, eine friedliche Oase an der Grenze unruhiger Staaten wie Mali, ein Ort materieller Armut und kulturellen Reichtums. Das Filmfestival Fespaco, das „Cannes von Afrika“, ist hier beheimatet. Gleichzeitig existiert nur eine Handvoll Kinos. Nicht weit von der Hauptstadt Ouagadougou steht Christoph Schlingensiefs berühmtes Operndorf, das zwar eine Schule und eine Krankenstation, aber immer noch kein Festspielhaus besitzt.
Auch dieser Abend ist voller Ambivalenz, eine Selbstfeier zwischen traditioneller Kunst und Ethno-Kitsch. Im Münzenbergsaal begeistert das virtuose Perkussionsspiel von Melissa Hie, eine junge Französin, deren Instrument, die Djembé, draußen zum Verkauf steht: eine Werbetrommel zwischen bunten Merchandise-Stoffen, Importe aus Holland. Im Foyer hängen Landschaftsaufnahmen und Bilder von lächelnden Waisenkindern, und man fragt sich: Ist das die Dekonstruktion von Afrika-Klischees? Und gleich darauf: Darf man sich so ein Urteil überhaupt erlauben, als europäischer Beobachter?
Dieses Gefühl durchzieht auch die Konzerte. Da ist Thaliane, eine junge Burkinerin, deren „Afro-Hip-Hop“ getaufter Mix aus Soul und Pop irgendwie austauschbar wirkt. Genauso wie ihre Weltfriedensbotschaften. Begeisterung löst das Burkina Faso Orchestra aus. Zwei Männer, eine Frau im Zentrum, drei Djembés, westafrikanische Felltrommeln, pure Lebensfreude. Rausch wird zu Rhythmus, und zwischen Performern und Publikum entwickelt sich eine faszinierende Choreografie aus Klang und Körpern. Inklusion, gewissermaßen als Einladung in Taktform. So wird die Tanzfläche zum Ort der Begegnung, und warum eigentlich auch nicht? „Die Djembé lässt einen alles vergessen“, sagt Veranstalter und Musiker Abdoul Aziz Sinka. Ein Dialog über die Sprache der Musik, das geht.
Giacomo Maihofer
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