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Dating Life. Die Hexe ist einer der Hauptfiguren der Reihe. Für Komplettansicht auf Plus-Symbol drücken.
© warandpeas.com

Comic „War and Peas“ geht viral: Pointen made in Germany

Der Comicstrip „War and Peas“ ist ein Internet-Renner. Dahinter steckt ein Duo aus Saarbrücken. Jetzt könnte die Reihe den Durchbruch in den USA schaffen.

Sitzen eine Hexe und ihre Freundin im Café. „Ich habe kürzlich einen sexy Vampir kennengelernt“, erzählt die Hexe. „Vampire sind ziemlich gut im Bett.“ Und dann nach einer kurzen Pause: „Aber wenn ich meine Tage habe, wird’s seltsam.“ Nein, diese kleine Hexe ist nicht jugendfrei, auch wenn sie auf den ersten Blick ein wenig aussieht wie die freundliche Kinderbuchfigur von Otfried Preußler: Lange, rote Haare, ein spitz zulaufender, schwarzer Hut, und längere Ausflüge unternimmt sie gerne mit dem Besen.

Da enden die Parallelen aber auch. Denn die hier zitierte Hexe hat ein gelegentlich ausschweifendes Sexleben, immer einen derben Spruch auf den Lippen und verschreckt schon mal eine junge Mutter, in dem sie darüber sinniert, wie lecker Menschenbabys mit Zimt schmecken. Das ist der schwarze Humor, für den viele Menschen den Online-Comic-Strip „War and Peas“ lieben: Spielerische Grenzüberschreitungen, oft mit feministischem oder nerdigem Dreh, ungewöhnliche Beziehungen und unerfüllte Sehnsüchte, und am Schluss eine Pointe, die es in sich hat.

Roboter mit Herz und Sinn für Poesie

Neben der Hexe tummeln sich hier weitere schräge Figuren, die meist aus vier Bildern bestehende Episoden erleben: Roboter mit Herz und Sinn für Poesie, ein Polizist namens Officer McSexy, der immer nur eins im Kopf hat, ein lebensfroher Sensenmann, dazu diverse zumindest auf den ersten Blick normale Menschen. Und immer wieder auch sprechende Tiere wie jene Schlange, die so einsam ist, dass sie sich mit ihrem Schwanzende unterhält.

Klare Linie. Elizabeth Pich und Jonathan Kunz – hier beim Comicfestival „The Millionaires Club“ in Leipzig.
Klare Linie. Elizabeth Pich und Jonathan Kunz – hier beim Comicfestival „The Millionaires Club“ in Leipzig.
©  Lars von Törne

„War and Peas“ ist ein internationaler Erfolg sondergleichen. Rund 800 000 Menschen folgen der Reihe auf Twitter, Facebook, Instagram oder der Website warandpeas.com. Jeden Sonntag erscheint eine neue Folge auf Englisch. Inzwischen gibt es von Fans organisierte Übersetzungen auf Französisch, Russisch und einer Handvoll weiterer Sprachen.

Leidenschaft für herben angelsächsischen Humor

Was wohl nur die wenigsten Leser wissen: Dahinter stecken nicht etwa britische oder amerikanische Comic-Macher, sondern ein Zeichner-Duo aus Saarbrücken, Elizabeth Pich und Jonathan Kunz. Die beiden heute 30-Jährigen haben sich einst beim Studium an der Hochschule der bildenden Künste Saar kennengelernt – und entdeckt, dass sie neben der Leidenschaft für Carrot Cake und Alien-Filme ein Faible für herben angelsächsischen Humor verbindet.

Bei Elizabeth Pich ist das auch biografisch geprägt: Sie wuchs in den USA auf und kam mit ihrer Familie erst mit 14 Jahren nach Deutschland. Englisch ist ihre Muttersprache, was man vielen Wortwitzen und Redewendungen anmerkt. Jonathan Kunz ist zwar in Deutschland aufgewachsen, hat aber dank „Monty Python“ auch eine solide Grundausbildung in angelsächsischem Humor absolviert.

„Weak“ ist einer der Comics, die jetzt in den USA auf Grußkarten vertrieben werden. Für Komplettansicht auf Plus-Symbol drücken.
„Weak“ ist einer der Comics, die jetzt in den USA auf Grußkarten vertrieben werden. Für Komplettansicht auf Plus-Symbol drücken.
© Illustration: warandpeas.com

Angeregt von der Comiczeichnerin Barbara Yelin, die eine Zeitlang auch für den Tagesspiegel gearbeitet hat und 2011 Gastdozentin an der Saarbrücker Kunsthochschule war, wurde aus ersten unregelmäßig im Internet veröffentlichten Witzzeichnungen der beiden eine wöchentliche Serie, die inzwischen seit mehr als sieben Jahren erscheint.

Den Schaffensprozess beschreibt das Comic-Duo, das auch privat ein Paar ist, als eine Art Pointen-Ping-Pong: Ideen werden hin- und hergeworfen, oft gehen die beiden dafür in ein Café, damit die Arbeit zu Hause nicht zu viel Raum einnimmt. Mal entwirft einer der beiden eine Situation und dem anderen fällt eine Pointe ein, dann ist es wieder andersrum.

Hallmark hat „War and Peas“ für sich entdeckt

Auch viele der Zeichnungen, die sich durch klare Linien, auf das Wesentliche reduzierte Panels und warme Farben auszeichnen, sind Teamwork. Den größeren Teil zeichnet allerdings Elizabeth Pich, die auch die makaber-komische Comicreihe „Fungirl“ geschaffen hat und kürzlich den „Comic Battle Föderal“ in Berlin gewann, einen Zeichnerwettstreit der 16 Bundesländer.

Jonathan Kunz, der inzwischen Lehrbeauftragter für Studiengang Kommunikationsdesign an seiner alten Hochschule ist und seit 2017/2018 den neuen Master-Schwerpunkt „Comic / Graphic Novel“ betreut, koordiniert dafür die Kommunikation mit Lesern und den Versand von Drucken, T-Shirts und Taschen mit Comic-Motiven oder Aufdrucken wie „Sex, Drugs & Comics“.

Nun steht den beiden der möglicherweise ganz große Durchbruch bevor: Der US-Konzern Hallmark, der als der älteste und größte Gruß- und Humorkartenhersteller Nordamerikas gilt, hat „War and Peas“ für sich entdeckt. Vorerst vier Strips der beiden Saarbrücker haben die Amerikaner gekauft, um sie drei Jahre lang auf Grußkarten zu vertreiben. „Das lohnt sich“, sagt Elizabeth Pich.

Außerdem sollen die Strips aus Saarbrücken im kommenden Jahr in den USA auch in Buchform erscheinen: Der renommierte Verlag Andrews McMeel Publishing will „War and Peas“ in gedruckter Form veröffentlichen, erzählen die beiden. Dort erscheinen mit Bill Wattersons „Calvin und Hobbes“ und Gary Larsons „The Far Side“ zwei Klassiker des anspruchsvollen US-Humor-Comics – der Ritterschlag für die Serie aus dem fernen Germany.

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