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Herbert Grönemeyer hatte bereits einige tage vor der Wahl dazu aufgerufen, sich gegen Rechts zu positionieren.
© dpa
Update

So reagieren Kulturschaffende auf die Wahl: Musiker reagieren "beunruhigt" auf Rechtsruck

Prominente aus Kultur und Gesellschaft reagieren auf die Wahlergebnisse in Sachsen und Brandenburg. Holocaust-Überlebende äußern sich "bestürzt". Ein Überblick.

In Brandenburg überholt die AfD beinahe die CDU, die SPD wird in Sachsen marginalisiert. Was sagen Prominente aus Kultur und Gesellschaft zu den Ergebnissen?

Viele Musiker fürchteten bereits vor der Wahl einen Rechtsruck, die ersten Hochrechnungen zeigten in beiden Bundesländern einen deutlichen Zuwachs der AfD. Felix Kummer, Sänger der Band Kraftklub, äußerte seinen Umnut in einem Bild:

Bereits vor wenigen Tagen hatte Herbert Grönemeyer auf seinen Kanälen bei Facebook und Instagram ein Video veröffentlicht, in dem er dazu aufrief, sich gegen Rechts zu positionieren. „Es sind wieder Wahlen, demokratische Zeiten Politikern zu sagen, was man von ihnen hält: Ob man sie für gut hält oder schlecht hält. Fakt ist einfach: Dieses Land gehört nicht den Politikern, sondern dieses Land gehört uns."

Weiter heißt es dort: "Wir tragen die Verantwortung. Und wir tragen auch die Verantwortung, dass sich kein Gedankengut breitmacht, das uns schon mal vor 80 Jahren in den Abgrund geführt hat."

Daraus folgert Grönemeyer: "Deswegen, was ganz klar sein muss, was immer man denkt, was immer man fühlt, wie sauer man auch ist: kein‘ Millimeter nach rechts."

Appelle gegen Rechtsextremismus und Rassismus waren auch bei zahlreichen anderen Schauspielern und Musikern zu finden.

Die Chemnitzer Band Kraftklub, die eins gesungen hatte, "Ich will nicht nach Berlin", hatte schon vor einigen Wochen angekündigt: Wenn die AfD in die Regierung zieht, gehen sie doch nach Berlin. Für den Wahlabend hat die Band laut Instagram bereits resignierte Pläne:

Satiriker Jan Böhmermann appellierte an seine Follower, zur Wahl zu gehen. Tatsächlich war die Wahlbeteiligung in beiden Bundesländern deutlich höher als bei vorigen Wahlen.

Sebastian Krumbiegel, Sänger der Prinzen und gebürtiger Leipziger, sagte in einem Gespräch mit Bärbel Schäfer für den Hessischen Rundfunk am Sonntag "Die Demokratie ist eine coole Lady, die wir pflegen und erhalten müssen". Man müsse "versuchen, aufeinander zuzugehen. Das ist die einzige Möglichkeit, die entstandenen Gräben wieder zuzuschütten."

Satiriker Jan Böhmermann, der zuvor behauptet hatte, den SPD-Parteivorsitz übernehmen zu wollen, spielte mit seinem Tweet auf das schlechte Ergebnis der Sozialdemokraten in Sachsen an.

Die Autorin Jana Hensel schrieb bei Twitter: "Es klingt paradox: aber nun gibt es in Sachsen und Brandenburg völlig überraschend eigentlich nur Verlierer. Der Aufbruch, der im Wahlkampf herrschte, wurde am heutigen Abend abgewürgt. Gegen die AFD zu stimmen hat offenbar die meisten Wähler am stärksten motiviert."

Wie die Katholische Nachrichtenagentur KNA berichtet, haben Überlebende des Holocaust „mit Bestürzung“ auf die Wahlergebnisse reagiert. In beiden Ländern setze sich „der Trend in die rechtsextreme und von Wut und Hass dominierte Welt der AfD fort“, erklärte der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, am Sonntagabend. Wenn „mehr als jeder fünfte Bürger in dieser Richtung abbiegt, hat die Demokratie in Deutschland ein ernstes Problem“, warnte er.

Holocaust-Überlebende erinnere „dieses Bedrohungsszenario“ an Erfahrungen, die sie selbst machen mussten, fügte Heubner hinzu. „Sie erhoffen jetzt von den demokratischen Parteien ein starkes und mutiges gemeinsames Engagement gegen Rechts, damit Antisemitismus und rechtsextremer Hass in Deutschland keine neue Heimat finden.“

Der evangelische Bischof Markus Dröge hat den Ausgang der Landtagswahl in Brandenburg als klaren Auftrag zum Dialog mit enttäuschten Bürgern und zur Problemlösung gewertet. Das hohe Stimmungsergebnis für die AfD sei „eine echte Problemanzeige für das Lebensgefühl in Brandenburg“, sagte er am Sonntagabend der Nachrichtenagentur epd. Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zeigte sich zugleich erleichtert darüber, dass das Ergebnis der Landtagswahl eine Koalition der vernünftigen und zur Demokratie stehenden Parteien ermögliche.

Die politisch Handelnden seien nun allerdings in der Pflicht, die Frustrierten und Protestwähler zurückzuholen. Dazu müssten elementare Fragen der Daseinsvorsorge in den Blick genommen werden, wie der öffentliche Nahverkehr, die Internetversorgung oder das Angebot an Ärzten. 

Sebastian Krumbiegel, Sänger der Popgruppe Die Prinzen, zeigte sich vom Wahlerfolg der AfD in Sachsen beunruhigt. „Eine Partei, die spaltet und gegen Minderheiten hetzt, ist zweitstärkste Kraft“, sagte er am Sonntagabend der Nachrichtenagentur dpa. Nun müsse man auf die Signale hören. Politisch Verantwortliche sollten ihre bisherige Politik kritisch überdenken, sagte der 53-Jährige.

„Für mich persönlich bedeutet das Wahlergebnis, in Zukunft noch wachsamer den Leuten, die die Demokratie beschädigen wollen, auf die Finger zu schauen“, so Krumbiegel. Er wolle sich in Sachsen weiterhin engagieren und gegen Rassismus, Antisemitismus und Nazi-Vokabular „konsequent aufbegehren“. Das sei nur machbar, „wenn wir eben nicht einfach abhauen“, sagte Krumbiegel.

Im Laufe des Abends werden die Reaktionen hier fortlaufend aktualisiert.

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