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Iris Becher in der Inszenierung "thisisitgirl" im Studio der Schaubühne.
© Gianmarco Bresadola

„thisisitgirl“ in der Schaubühne: Mit Sigmund Freud in der Stadionkurve

Frauen, Fragen, Frauenfragen: Patrick Wengenroth inszeniert den unterhaltsamen Gender-Abend „thisisitgirl“ im Studio der Schaubühne.

Wenn das Theater – oder auch die Talk-Branche - einen Abend zur sogenannten Gender-Frage ankündigt, kann man sich erfahrungsgemäß diebisch freuen. Nämlich auf ein Höchstmaß an unfreiwilliger Komik. Kaum etwas hat ja ein derart zuverlässiges Schenkelklopfer-Potenzial wie das dortige Déjà-vu mit Klischees, von denen man gar nicht wusste, dass es sie überhaupt noch gibt.

Die Berliner Schaubühne wagt sich zum Saisonauftakt unter dem Motto „thisisitgirl“ und in der Regie von Patrick Wengenroth trotzdem an einen „Abend über Frauen und Fragen und Frauenfragen für Frauen und Männer“. Es handelt sich um einen pausenlosen Zweistünder auf der Studio-Bühne, aus dem man selbstredend nichts erfährt, was man nicht schon zigfach gehört, gesehen oder gelesen hätte.

Zum Beispiel, dass der gemeine männliche Patient die gemeine weibliche High-Heels-Psychologin hartnäckig anschweigt, wenn er von seinem Hausarzt – irrtümlicherweise, versteht sich – zur Psychotherapie geschickt wurde. Oder dass die lustige Freudianer-These vom femininen Penisneid heute noch viel schriller nach Party-Gag klingt als vor zwanzig oder vor vierzig Jahren. Und dass Männer ihre gesanglichen Bestleistungen in aller Regel in Stadionkurven erzielen, während Frauen aufgrund ihrer Gebärfähigkeit ein ökonomisches „Risiko für jedes Unternehmen“ darstellen.

Trotzdem verfügt dieser Schaubühnen-Abend über einen entscheidenden Vorteil: Seine Komik ist hundertprozentig freiwillig. Die Klischees werden mit Grandezza ausgestellt, statt blauäugig reproduziert; und gelegentlich kommt man sogar mal in den Genuss einer einigermaßen überraschenden Stereotypen-Kippfigur. Schließlich ist der scharfsichtbegabte Text-Sampler Patrick Wengenroth so etwas wie der Offensiv-Ironiseur unter den Berliner Regisseuren. Und so entstammen auch die Thesen und Szenen, Klischees und Figuren, die er in „thisisitgirl“ in den Ring wirft, einschlägigen Debatten-Beiträgerinnen und Beiträger von Sylvia Plath bis Judith Butler, von Klaus Theweleit über Laurie Penny bis zur gesammelten US-amerikanischen Unterhaltungsindustrie und, natürlich, dem allgegenwärtigen Stammtisch.

Das Ensemble läuft zu Bestleistungen auf

Das macht den Studio-Abend zwar noch lange nicht brisant, dafür aber auf eine wohltuend unbiedere Art unterhaltsam. Was ja, wenn man so die Saisonstarts der DT- oder BE-Konkurrenz Revue passieren lässt, augenscheinlich schon eine ganze Menge ist. So bedankt sich die Schauspielerin Iris Becher – konsequentermaßen singuläre „Quotenfrau“ dieses „Frauenabends“ – eingangs in einer lässig-mehrbödigen Mischung aus Augenaufschlag und einer Art weiblichem Paternalismus- Äquivalent erst mal ausgiebig bei ihren Schauspieler-Kollegen nebst dem Regisseur für ihren Auftritt.

Überhaupt gelingt es Patrick Wengenroth, die Akteure – neben Becher Ulrich Hoppe, Laurenz Laufenberg und Andreas Schröders, musikalisch unterstützt von Matze Kloppe – in puncto Scherz, Satire und Ironie zur persönlichen Bestleitung zu treiben. Dass es dabei nicht immer sonderlich tiefgründig zugeht, ist in diesem Zusammenhang erst mal zweitrangig: Auf jeden Fall steht da ein Ensemble auf der Bühne, dem man uneingeschränkt gern zuschaut.

Wieder am 27.9., 20.30 Uhr und am 28.9., 19.30 Uhr

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