Streit um die Berliner Volksbühne: Michael Müller zum Vertrag mit Chris Dercon: "Ich stehe dazu"
Berlins Bürgermeister Michael Müller hält am Vertrag mit Chris Dercon fest. Er stellt sich damit gegen den neuen Kultursenator Klaus Lederer.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat sich am Donnerstag klar zu Chris Dercon als künftigem Volksbühnen-Chef und Nachfolger Frank Castorfs ab 2017/18 bekannt. „Der Senat beabsichtigt nicht, den Vertrag aufzulösen“, sagte Müller auf Anfrage des CDU-Fraktionschefs Florian Graf. Der Vertrag mit dem belgischen Museumsmann, um den in Berlin ein Kulturkampf entbrannt ist, war 2015 geschlossen worden, die umstrittene Berufung des Museumsmanagers zum Theaterchef hatten Müller und Kulturstaatssekretär Tim Renner verantwortet. Müller sagte nun, er halte die Entscheidung nach wie vor für richtig. „Ich stehe dazu.“ Er hoffe auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Dercon.
Damit distanzierte sich der Regierende von Klaus Lederer, dem designierten Kultursenator der rot-rot-grünen Koalition. Der Linken-Politiker hatte im RBB angekündigt, er wolle Dercons Vertrag nochmals prüfen. Das hätte bedeutet, dass er dem Regierenden in den Rücken fällt. Nun wird er sich wohl selbst Lügen strafen müssen: Schon im Sommer hatte Lederer in einem Brief an die Volksbühne die Dercon-Berufung eine „Fehlentscheidung“ und kritisierte, dass einem „neoliberalen Kunstbetrieb mit globaler Jetset-Attitüde“ Tür und Tor geöffnet werde.
Das letzte Stück von Regisseur Herbert Fritsch heißt "Pfusch"
Müller reagierte nach den klaren Bekenntnis zugleich mit einem gewundenen diplomatischen Manöver Richtung Lederer. Es sei „jedem Abgeordneten freigestellt, sich unterstützend oder auch kritisch zu Entscheidungen des Senats zu äußern“. Politikern, die ein Amt übernehmen, stehe es zu, Entscheidungen zu hinterfragen. „In eigener Verantwortung muss das dann vollzogen und geguckt werden, ob man Möglichkeiten sieht, mit getroffenen Entscheidungen auch anders umzugehen als bisher.“ Wie bitte? Lederer kann eigenverantwortlich prüfen, aber am Vertrag für Dercon wird nicht gerüttelt?
Der Schauspieler und Regisseur Herbert Fritsch, der an diesem Freitag seine vorerst letzte Volksbühnen-Premiere feiert, sagte unterdessen im RBB, er sei zwar mit Dercons Berufung nicht einverstanden und verlasse die Volksbühne, aber die Politik solle den Vertrag nicht rückgängig machen. „Ich fände das nicht so toll, wenn man das jetzt für wahnsinnig viel Geld alles ummodeln würde.“ Sein neues Stück heißt nicht zufällig „Pfusch“.