Andreas Bourani in Berlin: Mehr Allüren!
Naidoo-Tremolo, der Superhit "Auf uns" und zu wenig Wahnsinn: Andreas Bourani bringt seinen Schlagerpop ins ausverkaufte Astra Kulturhaus.
Sie sind sich nicht sicher, ob ihr Lieblingskünstler eher dem Schlager- oder dem Pop-Genre zuzuordnen ist? Nun, machen Sie einfach den Helene-Fischer-Test! Die Versuchsanordnung funktioniert so: Schließen Sie während eines Konzerts die Augen und stellen Sie sich vor, das Liedgut, das von der Bühne schallt, würde von Deutschlands Schlagerkönigin intoniert. Bei manchen Acts, sagen wir einmal Tocotronic, Peter Fox oder Bushido, funktioniert es nicht. Da verknotet sich im Kopf einfach alles. Bei Andreas Bourani dagegen liefert der Test ein eindeutiges Ergebnis: Wie er da auf der Bühne des ausverkauften Astras steht und von Gefühlen singt, von diversen Feuerwerken und vom gemeinsamen Untergehen im Wasser, von Nächten und Tagen und davon, dass man immer einen Menschen braucht, der an einen glaubt, da ist die kleine blonde Frau aus Wöllstein in Rheinland-Pfalz nicht weit weg.
Wie in Helene-Fischer-Songs – und den meisten Schlagern – bleibt auch bei Andreas Bourani wenig Raum für Zwischentöne. Es geht um absolute Gefühle. Um Auf-den-Punkt-Momente. Unschärfen, Zweifel, die nur leise nagen, all das kommt in seinen Liedern nicht vor, dem Hörer bleiben kaum Interpretationsspielräume.
Andreas Bouranis "Auf uns" war die inoffizielle WM-Hymne des Sommers
Vielleicht stammt deshalb einer der erfolgreichsten Songs des Sommers von dem Mann aus Augsburg. „Auf uns“ war so etwas wie die inoffizielle WM-Hymne der Republik. Das Stück schallte aus jedem Fernseher, aus jedem Radio, wurde Nummer eins der deutschen Single-Charts. Im Astra Kulturhaus werden T-Shirts verkauft, auf denen „Ein Hoch auf uns“ steht, der Print: schwarz-rot-gold.
Ahnungen des Songs wehen durch die Halle. Man fühlt sich wie ein Kind am Nikolausabend: Man weiß, dass irgendwann dieser Typ im roten Mantel in den Raum poltern wird. Aber wann? Bourani spielt „Auf uns“ erst als vorletzten Song. Zunächst alleine am Klavier, dann mit Band. Vorher gibt es einen Mix aus den beiden Alben „Staub und Fantasie“ (2011) und dem unlängst erschienenen „Hey“. Sympathisch , keine Frage. In zwei, drei Momenten ist es sogar richtig gut, etwa als Elif, ganz früher mal „Popstars“-Kandidatin und heute eine der besten Stimmen Berlins, für ein Duett die Bühne betritt. Oder gegen Schluss, beim schnoddrigen, sehr gelungenen „Ein Ende nach dem andern“.
Bourani intoniert das "Leben" grönemeyerdeutsch
Dazwischen fehlen dem Abend aber die Alleinstellungsmerkmale. Die Band spielt gepflegten Rockpop, der sich bisweilen wiederholt. Coldplay-Gitarren, wenn's laut wird, emotionale Momente werden von Klavier und Synthie-Streichern markiert. Bourani singt dazu auf diese Art, auf die 2014 eben alle singen: Das „Leben“ wird grönemeyerdeutsch intoniert, also zum „Leeh-bön“, an anderer Stelle packt er das Xavier-Naidoo-Gedächtnistremolo aus. Dazwischen erzählt er immer wieder von seinem Gefühlshaushalt, erklärt seine Songs, menschelt etwas. Dabei wirkt er so geerdet wie irgendein Kerl, den man zufällig zwischen Wolfsburg und Hannover im ICE Bordbistro kennen lernt, und vielleicht ist genau das das Problem: Bei Andreas Bourani vermisst man die Allüren.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität