Deutsches Symphonie-Orchester: Märchenhaft
Poesie und Lichtkunst: Das DSO unter Robin Ticciati spielt Dvorák und Brahms mit Lisa Batiashvili.
Das ist eigentlich keine Partitur, mit der man einen Abend eröffnet. Zu introvertiert ist die Poesie, die sich in Antonin Dvoráks „Legenden“ verströmt. Zudem macht der Komponist bei dem zehnteiligen Zyklus den dramaturgischen Fehler, zum Ende hin Tempo und Lautstärke immer weiter zu drosseln, bis sich das Finalstück in die Stille hinausschleicht.
Robin Ticciati liebt das 45-minütige Opus offenbar so sehr, dass ihn derlei Bedenken eher noch anspornen, seine Musikerinnen und Musiker vom Deutschen Symphonie-Orchester für die Dvorák-Rarität zu gewinnen – und das Publikum gleich mit. Ja, am letzten Abend seiner ersten Spielzeit als DSO-Chefdirigent tanzt Ticciati das Stück in der Philharmonie förmlich vor. Und weil er wegen des frühsommerlichen Wetters auf das Jackett verzichtet, klebt ihm das Hemd bald schweißnass am Rücken. Aber es gelingt ihm, die Spannung bis zum Schluss zu halten und jeder der Mini-Tondichtungen ihren eigenen Charakter zu verleihen.
Rotgold oder purpur, nachtblau oder smaragdgelb, jedes neue Thema rückt Ticciati ins vorteilhafteste Licht, schafft edle Texturen, modelliert die Linien liebevoll. Über dem volksliedhaft-folkloristischen Fundament der Bläser erglänzen die Streicher warm und edel, bis man sich akustisch so wohlig umschmeichelt fühlt wie vom Soundtrack eines Märchenfilms. Ein faszinierendes Kaleidoskop der Orchesterfarben eröffnet auch die 37-jährige Komponistin Helen Grime in „Virga“ – nur ist das Stückchen leider schon nach nur sechs Minuten wieder vorbei. Zum Glück hat Robin Ticciati schon versprochen, bald auch Längeres von der Schottin zu präsentieren.
Eine Anzahlung auf die nächste Spielzeit: Brahms' Violinkonzert
Eine Anzahlung auf Künftiges ist auch Brahms' Violinkonzert. Bevor er in der nächsten Saison alle Sinfonien erarbeiten wird, zeigt er am Mittwoch schon einmal, dass ihn an dem deutschen Romantiker vor allem das Sinnliche interessiert, also Brahms' naturnahe Klangwelt, und weniger die analytische Offenlegung seiner kontrapunktischen Meisterschaft.
Dabei ist sich Ticciati mit seiner Solistin Lisa Batiashvili einig, die richtig vehement werden kann, wo es gefordert ist, ihr Instrument aber lieber beseelt singen lässt und die intimen Momente auskostet. Wirklich so giocoso, so fröhlich und spielerisch, wie es die Satzbezeichnung fordert, gelingt das Finale, bei dem das Orchester mit Mendelssohnscher Leichtigkeit die blitzende Brillanz von Lisa Batiashvili begleitet.