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Dirigent Eliahu Inbal, 81, leitete das Konzerthausorchester von 2001 bis 2006. Damals hieß es noch Berliner Sinfonie-Orchester.
© Z.Chrapek

Eliahu Inbal und das Konzerthausorchester: Mahler mit kühlem Charme

Der vielfach preisgekrönte Dirigent Eliahu Inbal führt gemeinsam mit dem Geiger Ryu Goto und dem Konzerthausorchester Mendelssohn und Mahler auf.

Die 81 sieht man Eliahu Inbal nicht an. Von seiner Energie hat er nichts verloren, auch nichts von seiner Genauigkeit. Es ist immer noch der gleiche Dirigent, der die Geschicke des damaligen Berliner Sinfonie-Orchesters eher glücklos von 2001 bis 2006 führte. Nun kehrte er ans Pult des später umbenannten Konzerthausorchesters mit Mendelssohns Violinkonzert und Mahlers Fünfter zurück, bevor die großsinfonische Maschinerie zu einer zweiwöchigen Asientournee aufbricht.

Einfach macht es sich der vielfach preisgekrönte Dirigent mit diesem Repertoire nicht, das schon zu Chefzeiten als angestaubt galt. Die unüberschaubaren Vergleichsmöglichkeiten machen angreifbar. Gefeiert wurde er für seine großen Romantiker immer – aber meist anderswo, da die Akustik im Konzerthaus zu seiner Zeit noch schlechter war. Dann kommt auch noch Pech hinzu: Mit Solist Ryu Goto hat man sich am Gendarmenmarkt für Mendelssohns millionenfach gespielten Geigenhit keinen großen Gefallen getan. Mit schelmischem Lächeln profiliert der Halbbruder der japanischen Stargeigerin Midori nämlich vor allem sich selbst und seine Schnellfingerkunstfertigkeit. Dieses Lächeln, mit koketten Glissandi gepaart, versprüht den Charme eines Stehgeigers, der schnelle Tonkaskaden abliefern kann. Mendelssohns Substanz erreicht er damit nicht. Das Stück bleibt körperlos, kalt, wie aufgesagt. Goto bewältigt gleichwohl mit Bravour den Notentext und überwältigt damit das Publikum. Von interpretatorischer Tiefe ist diese Art Virtuosentum indes weit entfernt. Der 29-Jährige reüssierte im Alter von sieben mit Paganini. Es grenzt eigentlich an Verantwortungslosigkeit, ein einstiges Wunderkind so erwachsen werden zu lassen.

Dafür kann Eliahu Inbal nichts, obwohl er Goto mit sehr flotten Tempi und glattgebügeltem Orchester entgegenkommt. Für Gustav Mahlers zuweilen überladene Sinfonik und ihre ständigen Brüche erweist sich seine lichtdurchlässige Lesart indes als hilfreich, kommen kleinteilige Phrasen gut zur Geltung und die erstklassigen Musiker – allen voran Trompete und Hölzer, mit der BSO-Qualität von damals wohl kaum zu vergleichen – zu ihrem Recht. Am Ende bleibt es eine Geschmacksfrage, ob Inbals eher unterkühltes, strukturiertes Musizieren seinen Widerhall findet oder nicht. Mahler gut kennen und intuitiv empfinden, das sind dann eben doch verschiedene Dinge.

Christian Schmidt

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