Midori bei den Brandenburgischen Sommerkonzerten: Einsam singt die Sarabande
Ein Coup: Der Weltstar Midori aus Japan gibt im Dom zu Brandenburg/Havel ein Bach-Konzert.
Bach und Dom, passender geht es nicht. Und für die Interpretation der sechs Sonaten und Patiten an einem Wochenende die Geigerin Midori zu gewinnen, kann als ein regelrechter Coup der Brandenburgischen Sommerkonzerte gewertet werden. Die zierliche Japanerin ist ein stiller Weltstar, zeigt sich allen virtuosen Anforderungen der romantischen Mammutkonzerte gewachsen und vereint dies doch mit äußerster, zurückhaltender Seriosität. Ihr Bach ist von hochkonzentrierter, stilisierter Strenge, der behutsam atmende Sensibilität das Leben einhaucht.
In der vollbesetzten Basilika St. Peter und Paul zu Brandenburg an der Havel wird ihr Spiel mit Ovationen entgegengenommen. Leider wird es doch kein ganz großer Auftritt: Midori ist auf einem schlichten Podium unter der Empore der wunderbar restaurierten Wagnerorgel postiert, durch die Schinkel-Rosette dringt noch ein wenig Licht eines prachtvollen Sonnenuntergangs. Bis in den Chor hinein sitzen die Zuhörer dicht gedrängt; der Raum des imposanten Bauwerks wird so nicht zur Klangentfaltung genutzt. Midoris Spiel ist zu sensibel, zu introvertiert, um so mit allen Differenzierungen durchzudringen, davon zu schweigen, dass der Blick auf die Künstlerin meist verstellt ist. Und so liegt ein Schleier über Bachs Musik, der mehr den Eindruck von ebenmäßiger Gleichförmigkeit erzeugt, als ihr guttut.
Eher findet hier eine Meditation für Violine allein statt, die diese Ansammlung von Allemanden, Sarabanden, Giguen, Fugen, bekrönt von der gigantischen Chaconne aus der Partita Nr. 2 in d-Moll, ein wenig puristisch geraten lässt. Meditativ schon der Beginn, der aufspringende g-Moll-Akkord des Adagios der ersten Sonate, der häufig mit großer Geste serviert wird. Midori lässt sich Zeit, verweilt an den Phrasenenden, bevor sie daraus neue Gedanken entwickelt. Etwas schwebend Leichtes, Duftiges liegt über allen Figurationen – vor allem den Schlusssätzen tut das gut, dem flirrenden g-moll-Presto, dem perpetuum mobile der C-Dur-Sonate und der kecken Gigue der Partita. Berührend die einsam singenden Sarabanden, doch der kernigen g-Moll-Fuga fehlt trotz genauer Motivgestaltung der Biss, auch das Drama der Chaconne bleibt in herber Klarheit eingeschlossen. Ein strenger, unromantischer Ansatz, der auch virtuose, kraftvollere Ausbrüche nur selten zulässt. Midori hört hingegeben auf Bach, spricht mit sich und dem Instrument – mit dem Zuhörer nur zuweilen. Isabel Herzfeld
Isabel Herzfeld