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Neue Figuren. Neue Gesichter. Daisy Ridley spielt den Jedi-Nachwuchs Rey.
© 2017 Lucasfilm Ltd.

"Star Wars: Die letzten Jedi": Liebe ist mächtiger als das Laserschwert

„Star Wars: Die letzten Jedi“: Der achte Teil der Weltraumsaga vereint die Fanliebe mit Disneys Geschäftstüchtigkeit. Achtung, Spoiler!

Die Botschaft ist Liebe. „Wir kämpfen nicht gegen das, was wir hassen, wir kämpfen für das, was wir lieben“, sagt die Rebellin Rose während des Showdowns von „Star Wars: Die letzten Jedi“, dem achten Teil der Weltraumsaga um den ewigen Konflikt zwischen der guten „Macht“ und dem dunklen Imperium – in der aktuellen Trilogie die „Erste Ordnung“ genannt. Bei Disney, die nunmehr volle Kontrolle über das milliardenschwere Franchise haben, dürfte man sich freuen, dass der Weihnachts-Blockbuster mit einer solch besinnlichen Botschaft in die Kinos drängt.

Feierlich waren seit dem Reboot vor zwei Jahren vor allem die Umsätze. Man muss allerdings bedenken, dass schon die Filme von „Star Wars“-Schöpfer George Lucas immer größeren Wert auf das Einende als auf das Trennende gelegt haben. In „Die letzten Jedi“ ist die Liebe tatsächlich mächtiger als das Laserschwert – und Hass, so die hübsche Schlusspointe nach zweieinhalb Stunden Weltraumschlachten, bleibt die böse Saat, deren zersetzende Kraft im Innersten der dunklen Macht nachwirkt, wenn die Trümmer ausgebrannter Sternenkreuzer längst einsame Bahnen im All ziehen.

Ein Werk der Liebe. Dass die Mythenmaschine „Star Wars“ mehr ist als ein lukratives Geschäftsmodell, musste schon Lucas lernen. Mit seinen kreativen Eingriffen in die digital überarbeiteten Neuauflagen der Originalfilme hatte sich der Erfinder der Marke unter den Fans keine Freunde gemacht. Auch seine Prequel-Trilogie aus den Jahren 1999 bis 2005 steht, obwohl sie alle Kassenrekorde brach, im Kanon der Weltraumsage arg lädiert da – zu Unrecht, wohlgemerkt.

„Star Wars“ ist heute popkulturelles Allgemeingut, die Fan-Demografie spielt in der Konzeption eine Schlüsselrolle. Mehr noch als Tolkien-Romane oder Marvel-Comics prägten die ersten Filme die Biografien einer ganzen Generation. JJ Abrams hat sich davon bei „Das Erwachen der Macht“ noch beeindrucken lassen, sein Reboot vor zwei Jahren erinnerte eher an einen sündhaft teuren Schrein voller Fan-Memorabilia. Selbst Lucas monierte später, dass seiner geliebten Reihe die vorzeitige Musealisierung drohe.

Rückblickend erweist sich Abrams pedantische Grundlagenarbeit für Rian Johnson, den Regisseur von „Die letzten Jedi“ von Vorteil. Der Nachfolger startet mit verhältnismäßig leichtem Gepäck, Han Solo hat den Millennium Falken an die nächste Generation übergeben. Mit Daisy Ridley als Jedi-Nachwuchs Rey, Adam Driver, dessen Kylo Ren erst noch aus dem Schatten des übermächtigen Darth Vader heraustreten muss, John Boyega als zu den Rebellen desertierter Stormtrooper und Oscar Isaac in der etwas undankbaren Rolle des Han-Solo-Ersatzes Poe Dameron setzt die Trilogie auf neue Gesichter und Figuren. Sie gewinnen den universellen Konflikten – darin bleibt „Star Wars“ eben doch ein Märchen – interessante Nuancen ab.

Johnsons Inszenierung zeugt von großer Liebe zum Detail

Jüngster Zuwachs in der Regenbogen-Allianz der Sternenrebellen ist Kelly Marie Tran, Tochter vietnamesischer Einwanderer, als Rose. Bei Disney macht man offenbar ernst mit der angekündigten Diversifizierungsstrategie, gerade erst wurde der chinesiche Popstar Liu Yifei für die Hauptrolle in der Realverfilmung „Mulan“ angekündigt. Rose’ waghalsige Avancen gegenüber dem desertierten Stormtrooper Finn (John Bodega) sind fast so entzückend wie das schüchterne Têteà-Tête zwischen Black Widow und dem Hulk im zweiten „Avengers“-Film.

Man könnte Johnsons Verhältnis zum „Star Wars“-Fundus pragmatisch nennen. Doch seine Inszenierung zeugt auch von großer Liebe zum Detail. Der Spielraum für den Regisseur ist naturgemäß kleiner als bei Marvel, wo es weit mehr auf die Unterscheidbarkeit zwischen den einzelnen Reihen ankommt. Das „Stars Wars“-Erscheinungsbild fällt homogener aus. Hier kommt Johnson womöglich auch seine Arbeit fürs Fernsehen zugute – er drehte einige Folgen von „Breaking Bad“.

„Die letzten Jedi“ baut auf der ästhetischen Konzeption von „Showrunner“ Abrams auf, der zum Abschluss der Reihe wieder die Regie übernehmen soll. Das heißt: mehr reale, also realistischere Action, weniger computergenerierte Bilder, ein ausgezeichnetes Timing, eine durchweg gute Chemie zwischen den Figuren, das richtige dramaturgische Verhältnis zwischen persönlichen Konflikten und Schlachtszenen – naturgemäß das Herzstück eines „Star Wars“-Films.

Alle Akteure der Trilogie treffen sich am Ende zum ersten Mal

Offensichtlichen Zugeständnissen seitens Disney wie Chewbaccas knuffige Sidekicks, die er auf dem Heimatplaneten des Jedi-Ordens, aufliest (eine Mischung aus Pinguin und Schoßhund, die unter Fans vermutlich Erinnerungen an die verhassten Ewoks aufkommen lassen), steht eine vorbildliche Ökonomie in der Abteilung Humor gegenüber. Die Witze und Kalauer sind gegenüber dem Vorgänger deutlich zurückgenommen, nicht zuletzt durch die Abwesenheit von Harrison Ford. Dennoch nimmt der Film sich selber nicht sonderlich ernst.

Johnson bricht also mit einer „Star Wars“-Tradition, nach der die Mittelteile einer Trilogie stets einen düsteren Ton anschlagen. Seiner lässigen Inszenierung ist die Verantwortung, das Flaggschiff des Disney-Konzerns auf Kurs zu bringen, in keiner Sekunde anzumerken. Dabei gilt in der Blockbuster-Logik das Mittelstück gemeinhin als der dankbarste Teil einer Trilogie: Es fungiert als Scharnier und übernimmt letztlich nur die Funktion einer ausgedehnten Ouvertüre für den Abschluss. Dass Johnson trotzdem das richtige Maß findet, dürfte vor allem „Star Wars“-Produzentin Kathleen Kennedy freuen. Sie hatte zuletzt in der Kritik gestanden, weil einige Regisseure von Projekten absprangen oder gefeuert wurden. Johnson erweist sich als einigende Kraft dieses Franchise – zwischen Studio und Fans, Vergangenheit und Zukunft.

Mithilfe eines Hackers an Bord des Sternenkreuzers

Darin besteht die größte Leistung das Films: Alle Akteure der Trilogie treffen sich am Ende zum ersten Mal, sämtliche letzten Widerständler. Die Dramaturgie von „Die letzten Jedi“ könnte schließlich leicht darunter leiden, dass die drei Handlungsstränge so zerrissen sind. Die Protagonisten trennen gleich mehrere Lichtjahre, der Kampf gegen die „Erste Ordnung“ findet an verschiedenen Fronten statt. Während sich Rey in Begleitung von Chewbacca auf dem Heimatplaneten einem Jedi-Crashkurs unter dem emeritierten Luke Skywalker (Mark Hamill) unterzieht und dabei die Geschichte ihres Lehrmeisters und von dessen Ex-Schüler Kylo Ren lernt (wir erinnern uns: der Sohn von Han Solo und Prinzessin Leia), schleichen sich Rose und Finn mit Hilfe eines zwielichtigen Hackers (Benicio Del Toro als Stotterer) an Bord das Sternenkreuzers, um den Positionstracker der feindlichen Flotte zu deaktivieren. An Bord das Rebellenschiffs diskutiert derweil Generalin Leia (Carrie Fisher) mit ihrer Admiralin Holdo (Laura Dern) die Rückzugsstrategie gegen den drohenden Angriff der „Ersten Ordnung“.

Johnson gebührt schließlich auch die Ehre, Hamill und Fisher, Luke und Leia, Bruder und Schwester ein letztes Mal zusammenzubringen. Etwas Wehmut liegt über diesem Auftritt nach Carrie Fishers Tod im Frühjahr, „Die letzten Jedi“ meistert diese emotionale Fallhöhe ähnlich souverän wie „The Fast and Furious“ nach dem Tod von Paul Walker. Für eine Geldmaschine wie „Star Wars“, in der eben auch ein Fanherz schlägt, ist das eine beträchtliche Leistung.

Und auch Mark Hamill, gestählt von fast 40 Jahren Auftritten auf Fan-Conventions, darf in wahrhaft zenmeisterlicher Manier abtreten. Man kann nur hoffen, dass Abrams nicht auf die Idee kommt, Carrie Fisher – wie zuletzt in „Rogue One“ – digital wieder auferstehen zu lassen. Noch steckt, und das ist die eigentliche frohe Botschaft an die Fans, genug Leben in „Star Wars“.

Ab Do in 33 Berliner Kinos. OV: Alhambra, Colosseum, Cinestar Sony-Center, Cinestar IMAX, Cinestar Neukölln, Delphi Lux, Rollberg. OmU: Babylon Kreuzberg, FT am Friedrichshain, International, Kino in der Kulturbrauerei, Odeon, Passage

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