Zum Tod von Lauren Bacall: Liebe, flackernd im Streichholzlicht
Sie war die letzte Diva des klassischen Hollywoods: Lauren Bacall. Mit Thrillern wie "Haben und Nichthaben" und "Tote schlafen fest" schrieb sie Filmgeschichte. Jetzt starb sie mit 89 Jahren in New York.
Sie war die Heroine des Cool, die Inkarnation einer abgebrühten, undurchsichtigen Frau in den Filmen der Schwarzen Serie Hollywoods. „Was für ein schrecklicher Verlust für alle“, teilte Barbra Streisand zum Tod von Lauren Bacall am Mittwoch mit. „Es war ein Privileg, dass ich sie kennen, mit ihr spielen und ihre Regisseurin sein durfte. Aber vor allem, sie als weise und liebevolle Freundin gehabt zu haben. Sie war ein Original.“ Andere Hollywoodgrößen reagierten ähnlich erschüttert auf die Nachricht: "Jetzt haben wir die große Lauren Bacall verloren“, twitterte ihre Schauspielkollegin Mia Farrow. Seth MacFarlane schreibt, "Danke, dass Du uns alle das Pfeifen gelehrt hast", John Cusack nennt sie auf Twitter, die "damenhafteste aller Damen", und die Designerin Vera Wang würdigte Bacall als „mühelos und authentisch“.
In Film noirs wie „To Have and Have Not“ („Haben und Nichthaben“, 1944), „The Big Sleep“ („Tote schlafen fest, 1946“), „Dark Passage“ („Das unbekannte Gesicht“, 1947) oder „Key Largo“ („Gangster in Key Largo“, 1948), Klassikern des Genres, spielte Lauren Bacall Heldinnen, die es an Verschlagenheit mit den Männern aufnehmen konnten. Sie bekam einen Vertrag beim Warner Brothers-Studio, wo Humphrey Bogart gerade zum unangefochtenen männlichen Star aufgestiegen war.
Bacall brachte einen neuen Frauentyp nach Hollywood
Bereits bei den Dreharbeiten zu „To Have and Have Not“, ihrem Leinwanddebüt, verliebten sich Bacall und Bogart ineinander. Mit ihrer großen, schlanken Figur, den markanten Augenbrauen, katzenhaften Augen und der heiseren Stimme brachte Bacall einen neuen, natürlicheren und androgyneren Frauentyp ins Hollywoodkino. Allerdings überragte Bacall Bogart um eine Kopflänge. Für Kussszenen musste der Schauspieler auf einen Hocker steigen. Sie heirateten im Mai 1945, nachdem sich Bogart von seiner dritten Ehefrau Mayo Method hatte scheiden lassen. Ihre Ehe hielt bis zu Bogarts Tod 1957.
Bacall nannte Bogart stets mit seinem Spitznamen „Bogie“ und hielt daran auch nach seinem Tod fest. „Bogie spielte eine ungeheure Rolle in meinem Leben“, sagte sie, als sie 2007 zu den Filmfestspielen nach Berlin gekommen war. „Er hat mir ein Leben geschenkt, mein Leben. Er hat mir viel beigebracht über die Filmindustrie, über das Leben in Hollywood. Er hatte eine unglaubliche Präsenz, war niemals lau, immer interessant. Ich bin sehr glücklich, mein Leben mit ihm geteilt zu haben. Und unendlich traurig, dass unsere gemeinsame Zeit so kurz war, zwölf Jahre nur. Verdammt unfair, dass er unsere Kinder nicht hat aufwachsen sehen.“ Bogart nannte sie „Baby“. Sie hatten zwei Kinder zusammen, den Dokumentarfilmregisseur Stephen Humphrey Bogart (geboren 1949) und die Yogalehrerin Leslie Bogart (geboren 1952). Mit ihrem zweiten Ehemann, Schauspieler Jason Robards, bekam sie einen weiteren Sohn.
Mit Intelligenz und Witz gegen das Älterwerden
Lauren Bacall war die letzte noch lebende Diva des klassischen Hollywood. Doch im Gespräch gab sich die fatale Frau des Film noirs erstaunlich schlagfertig, interessiert und zugewandt. Sie bekannte sich dazu, ein Workaholic zu sein. „Die Tatsache, dass ich arbeiten kann, ist sehr wichtig für mich“, verkündete sie. „Ebenso die Tatsache, dass ich noch laufen und sprechen kann und noch zu etwas zu gebrauchen bin. Arbeit hält mich lebendig. Deshalb werde ich so lange weiterarbeiten, wie ich kann.“ Seit der Jahrtausendwende ist Bacall in dreizehn Film- und Fernsehproduktionen aufgetreten, für den Krimi „Trouble Is My Business“, der gerade gedreht wird, war sie für eine Hauptrolle besetzt.
Auf der Theaterbühne hatte sie zuletzt 1999 gestanden. Sie war in Klassikern wie "Wie angelt man sich einen Millionär?" an der Seite von Marilyn Monroe und "Mord im Orient-Express" dabei, aber auch in Werken des zeitgenössischen Autorenkinos wie "Dogville" von Lars von Trier oder "The Walker" von Paul Schrader. Beim Älterwerden halfen ihr zwei Eigenschaften: Intelligenz und Witz. „Wenn du ein Gehirn besitzt, möchtest du es gerne benutzen“, so lautete ihr Credo. „Also umgib dich mit Menschen, die auch ein Hirn haben. Ich mag Menschen mit Witz. Lachen zu können gehört zu den wichtigsten Dingen im Leben. Humor hat mich durch viele schlechte Zeiten gebracht.“
Bacall über Bacall: "Ich bin das Produkt einer arbeitenden Familie.
Lauren Bacall kam am 16. September 1924 als Betty Joan Perske in New York City zur Welt. Sie wuchs bei ihrer Mutter, einer Sekretärin, in der Bronx auf. „Ich bin das Produkt einer arbeitenden Familie“, sagte sie nicht ohne Stolz. „Ich wurde nicht in Reichtum hineingeboren. Wir waren Mittelklasse, hatten aber Grips.“ Ab ihrem 16. Lebensjahr arbeitete Bacall als Model, nebenbei war sie Platzanweiserin in einem Broadway-Theater. Der einflussreiche Kritiker George G. Nathan ernannte sie in seiner Jahresendliste im Magazin „Esquire“ zur „besten Platzanweiserin“. „Wir kannten uns nicht, er muss mich gesehen haben, wie ich durch das Zuschauergewühl lief und rief: ,Ihre Tickets, bitte!’“
Sie hasste das Modeln, brachte es aber auf das Cover von „Harper’s Bazaar“ und wurde von der Moderedakteurin Diana Vreeland für ihren „natural look“ gefielen. Es waren diese Aufnahmen, die die 19-Jährige nach Hollywood brachten. „Die Fotos, die Vreeland für Harper’s Bazaar von mir machen ließ, entstanden sehr schnell. Das waren die Bilder, die Howard Hawks sah. Sie gefielen ihm, er wollte diesen Look. Hawks, einer der größten Regisseure dieser Epoche, drehte „To Have and Have Not“ und „The Big Sleep“ mit Bacall. Warum es bei diesen zwei Filmen mit ihm blieb? Bacall: „Es war die Eifersucht von Hawks“. Der Filmemacher konnte es nicht ertragen, dass Bacall und Bogart vor seinen Augen ein Paar geworden waren.
Lauren Bacall lebte im berühmtem Dakota Building am New Yorker Central Park. Dort war sie 1961 eingezogen, sie wohnte da länger als alle ihre Nachbarn. Roman Polanski drehte in dem Haus seinen Horrorthriller „Rosemaries Baby“. War das Dakota Building deshalb für sie ein unheimlicher Ort? „Warum denn? Ich bitte Sie, das ist ein Film! Okay, es sind schlimme Dinge dort passiert. John Lennon wurde vor dem Dakota Building erschossen. Deshalb versammeln sich Fans bis heute dort, manchmal ist es wie in einer Freakshow. Ich habe Lennon gekannt, er war ein wunderbarer Mann. Yoko Ono lebt immer noch im Dakota Building. Eine reizende Person." Am Dienstag ist Lauren Bacall an den Folgen eines Schlaganfalls in ihrer Wohnung gestorben, wie ihre Familie mitteilte. Sie wurde 89 Jahre alt.
Christian Schröder
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