Auktionen bei Grisebach: Licht und Liebe
Max Beckmann und László Moholy-Nagy: Die Frühjahrsauktionen bei Grisebach feiern gleich zwei Rekorde.
Ihre dunklen Augen mit dem geheimnisvollen Blick haben wohl auch die Kunstliebhaber betört. Nach nur etwa vier Minuten ging das nur 60 mal 30 Zentimeter große, von Max Beckmann 1942 gemalte Bildnis für 4,7 Millionen Euro bei Grisebach an einen Privatsammler aus der Schweiz. Mit Aufgeld sind das über 5,5 Millionen Euro: Ein Rekordergebnis und zugleich der höchste Preis, der je in Deutschland bei einer Kunstauktion erzielt wurde.
13 Telefonbieter und drei Saalbieter hatten um Beckmanns Werk mit dem Titel „Weiblicher Kopf in Blau und Grau (Die Ägypterin)“ gestritten. Die Versteigerung des Beckmann-Gemäldes war der Höhepunkt der diesjährigen Abendauktion mit Ausgewählten Werken. Dort fand auch das farbenfrohe Gemälde „Kohlgruberstraße“ von Gabriele Münter aus dem Jahr 1908 für 460 000 Euro einen neuen Besitzer. Es gehört zu jenen Bildern aus der Murnauer Zeit, mit denen der Künstlerin ihr Durchbruch gelang und sie sich einen festen Platz in der Geschichte der klassischen Moderne sicherte. Aus flächig gesetzten Farben und abstrahierten Formen mit dunkler Umrisslinie entwickelte sie ihre intensive expressionistische Malerei.
Alles konzentrierte sich auf "Die Ägypterin"
Auch andere Lose der Abendauktion wurden erfolgreich versteigert: Die „Putzmacherin“ von Karl Hofer aus dem Jahr 1922 erzielte 280 000 Euro, der „Wannseegarten“ von Max Liebermann kam auf 250 000 Euro, ein Blumenstillleben von Lovis Corinth erzielte denselben Preis. Das Bauhaus-Bild „Drei Mädchen, schwarz-rot-blau“ von Oskar Schlemmer brachte 220 000 Euro, die „Große dunkle Wolke“ von Emil Nolde übertraf die Erwartungen von 150 000 um 30 000 Euro, eine Zeichnung von Lyonel Feininger erzielte 160 000 Euro, das „Selbstbildnis mit geschlossenen Augen“ von Käthe Kollwitz 80 000 Euro, eine Munch-Lithografie ging unter Vorbehalt unter Preis für 50 000 Euro an einen neuen Besitzer.
Die guten Ergebnisse wurden ein wenig davon getrübt, dass von 39 Losen der Abendauktion nur 22 versteigert wurden, fünf davon unter Vorbehalt. Das in einem Meer von Blumen schwebende Liebespaar von Marc Chagall (1955–57) und die vor einem riesigen Dampfschiff posierenden Werftarbeiter von Fernand Léger aus dem Jahr 1953 etwa gingen in den Nachverkauf. Florian Illies, einer der geschäftsführenden Gesellschafter von Grisebach, sieht gute Gründe dafür: „Wir stellen immer wieder fest, dass sich die Aufmerksamkeit auf bestimmte Werke bündelt, in diesem Fall auf das Gemälde von Beckmann“, meint er. „Prinzipiell stehen wir wie unsere Kollegen in London und New York vor der Herausforderung eines Generationswechsels und eines damit verbundenen Geschmackswandels.“ Das geplante Ergebnis für die Auktion der Ausgewählten Werke wurde dank des historischen Preises für Beckmanns Ägypterin trotzdem erzielt, so dass bei Grisebach am Donnerstag in ungetrübter Freude die Korken knallen durften.
Zwei Interessenten trieben den Preis für das Fotogramm
Zumal das nicht der einzige Rekord war, den das Haus während seiner Frühjahrsauktionen zu vermelden hat. Schon am Tag zuvor war in der Auktion der Modernen und Zeitgenössischen Fotografie für ein Fotogramm von László Moholy-Nagy (1923/25) aus seiner Zeit am Bauhaus in Weimar der Hammer bei sagenhaften 390 000 Euro gefallen – bei einer Taxe von 300 000–500 000 Euro. Es ist nun die teuerste jemals in Deutschland versteigerte Fotografie und damit der zweite Rekord. Zwischen zwei Interessenten am Telefon hatte es ein heftiges Gefecht um den Zuschlag gegeben.
Auch die Versteigerung der Kunst aus dem 19. Jahrhundert am Mittwochnachmittag hielt eine Überraschung bereit. Bei den Schlittschuhläufern im Tiergarten von Adolph Menzel fiel der Hammer bei 250 000 Euro zugunsten eines deutschen Museums. Menzel hatte das Freizeitvergnügung der Städter um 1855 mit schwarzer, weißer und farbiger Kreide auf Karton festgehalten; mit humorigem Unterton, sieht man doch manchen feinen Herrn mit Zylinder stolpernd Halt suchen oder gar schon auf dem Boden liegen.
Das zweitteuerste Los dieser Auktion war nicht etwa wie erwartet die „Mittelgebirgslandschaft“ von Caspar David Friedrich um 1828, die für 200 000 Euro ihren Besitzer wechselte, sondern das Bildnis eines kleinen Mopses auf rotem Plüschsessel, dessen grimmig-melancholischen Blick der Maler Thomas Theodor Heine 1921 treffend festhielt. Auf 20 000 bis 30 000 Euro war das Werk taxiert worden, erst bei 230 000 Euro fiel der Hammer, nachdem gleich mehrere Bieter großes Interesse zeigten. Hier wurde mit weit mehr Leidenschaft um das Werk gefochten als im Fall von Menzel oder Caspar David Friedrich. Schon im Vorfeld gab es etliche schriftliche Gebote, so dass die Versteigerung bereits mit 120 000 Euro begann.
Die beiden chinesischen Löwenskulpturen aus grauem Kalkstein, die einst zur Sammlung des Berliner Kunstsammlers und Verlegers Rudolf Mosse gehört hatten und ein Höhepunkt der Orangerie-Auktion am Donnerstagvormittag waren, wurden am Ende für 60 000 Euro versteigert. Doch auch die Erwartungen an die Contemporary-Auktion im Haus waren hoch. Hier stach das Werk „Für Velimir Chlebnikow“ (2004/5) von Anselm Kiefer mit einem Schätzwert von 700 000 bis eine Million Euro ebenso hervor wie ein Nagelbild von Günther Uecker, das 500 000 bis 700 000 Euro bringen sollte. Eine Fotografie von Wolfgang Tillmans aus der begehrten „Freischwimmer“-Serie war auf 250 000–350 000 Euro taxiert. Vergangenes Jahr kletterte ein ähnliches Bild in Köln auf 384 000 Euro.
Grisebach, Fasanenstr. 27, Frühjahrsauktionen: Third Floor, 2. 6., 11 & 15 Uhr
Angela Hohmann
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