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Fragebogen zur Berlinale: Lars Eidinger und der zweite Filmriss seines Lebens

Wo ist der Lieblingsplatz im Kino? Wie war die erste Berlinale? Und welches Festival-Erlebnis bleibt für immer unvergessen? Regisseure und Schauspieler beantworten unseren Fragebogen.

Im Kino sitze ich am liebsten...

... in den ersten Reihen des hinteren Drittels auf einem der Außenplätze rechts. Mir gefällt die Perspektive von dort diagonal auf die Leinwand. Außerdem kann ich da meine Beine in den Gang ausstrecken.

Ein Film, der mein Leben verändert hat

„Antichrist“ von Lars von Trier. Weil er mich mit Bildern aus meinem Unterbewusstsein konfrontiert hat, wie es sonst nur Träume können. „Chaos reigns“!

Eine starke Filmszene zuletzt im Kino

Wie Leonardo DiCaprio in „The Revenant“ mit dem Bär kämpft. Eine neue Dimension der Spezialeffekte. Es gibt fantastische digitale Effekte im Kino, aber sie waren immer als solche erkennbar. In „The Revenant“ kann man seinen Augen nicht mehr trauen.

Meine erste Berlinale...

war 2009 mit Maren Ades Film „Alle Anderen“, dabei bin ich in Berlin geboren und aufgewachsen! Ich war so aufgeregt, dass ich – nach dem Foto-Call, dem Warm-Up mit Champagner und dem roten Teppich – im Kino bei unserer Premiere fast eingeschlafen wäre.

Ein Event, das ich nicht verpassen will

Am 16. Februar lege ich wie jedes Jahr auf der „Director's Night“ auf. Letztes Jahr hatte ich dort den zweiten Filmriss meines Lebens. Ich erinnere nur noch einen penetranten Anisgeschmack auf der Zunge und wie ich auf dem nasskalten Fußboden einer Toilettenkabine aufgewacht bin.

Ein Festival-Erlebnis, das ich nie vergessen werde

Als wir nach der Preisverleihung 2009 mit zwei Silbernen Bären in Berlin unterwegs waren, und Birgit Minichmayr hat ihren im King Size und Maren Ade ihren in der Bar Tausend vergessen.

Als Kinoheld wäre ich...

... Alex in „Clockwork Orange“. Ich wäre gerne der Anführer der Droogs. Ich liebe deren Kostüme, die angeklebten Wimpern und Beethoven.

Mein Berlinale-Überlebensmittel

... ist Kaffee. Ich bin ganz schlimm kaffee- abhängig. Ohne Kaffee kann ich gar nicht aufstehen oder Theater spielen oder Filme drehen. Kaffee ist mein Lebenselixier. Die Qualität? Unwichtig. Hauptsache viel.

Monika Treut: Vitamin D für die Stimmung

Monika Treut, 61, ist Stammgast des Festivals. In diesem Jahr laufen ihre Dokus „Zona Norte“ im Panorama und „Gendernauts“ in der Reihe Teddy 30.
Monika Treut, 61, ist Stammgast des Festivals. In diesem Jahr laufen ihre Dokus „Zona Norte“ im Panorama und „Gendernauts“ in der Reihe Teddy 30.
© Brigitte Dummer

Im Kino sitze ich am liebsten...
... in Reihe 6 bis 8 ganz außen. Weit vorne, um das volle Kinoerlebnis zu haben und außen, weil ich etwas klaustrophobisch bin.

Ein Film, der mein Leben verändert hat: 
„Wer die Nachtigall stört“ – ich war acht oder neun Jahre alt. Mein Vater schmuggelte mich rein, der Film hat mich damals überwältigt und mit dem Kino-Virus infiziert.

Eine starke Filmszene aus den letzten Jahren:
Als sich Julianne Moores Figur in „Still Alice“ nicht mehr erinnert, wie sie ihren Suizid realisieren kann.

Meine erste Berlinale ...
... war 1976 – oh je! – vor 40 Jahren. Wir Studenten kampierten von mittags bis nachts in der Akademie der Künste und saugten das ganze Forumsprogramm auf.

Ein Berlinale-Erlebnis, das ich nie vergessen werde:
1991, vor der Premiere meines Films „My Father is Coming“ gab es Bombenalarm im Zoo-Palast. Das Publikum harrte eine Stunde im Schneesturm aus, während drinnen Polizisten und Schäferhunde herumrannten und alle Türen verriegelt waren.

Ein Berlinale-Erlebnis, das ich lieber vergessen würde …
... fällt mir gerade gar nicht ein. Selbst als es noch die berüchtigt aggressiven Berliner Zuschauer gab, die besonders gerne Regisseurinnen beschimpften, war es immer überraschend und aufschlussreich, auf der Berlinale Filme zu zeigen.

Wenn ich eine Kinoheldin wäre ...
... dann Tura Satana aus Russ Meyers „Faster, Pussycat! Kill! Kill!“ von 1966.

Mein Festival-Überlebensmittel:

eine Packung Vitamin D, um das fehlende Sonnenlicht zu kompensieren. Hebt auch die Stimmung.

Ira Sachs: Milde Klaustrophobie

Regisseur Ira Sachs.
Regisseur Ira Sachs.
© dpa

Im Kino sitze ich am liebsten ...

... am Gang. Ich habe milde Klaustrophobie und weiß gerne, dass ich rausgehen kann, wenn es nötig wird.

Ein Film, der mein Leben verändert hat:
Schon während des Sehens von „Avant que j’oublie“ von Jacques Nolot wusste ich: Ich hatte neuen Mut gefunden, meine eigenen, ganz persönlichen Geschichten zu erzählen.

Eine starke Filmszene aus dem letzten Jahr:
Fast jede aus Sean Bakers „Tangerine“. Den Film habe ich mit einem riesigen Lächeln gesehen, seine Authentizität und den Plot bewundert. Wie John Hustons „Fat City“, verfilmt von Robert Altman.

Ein Event, das ich auf keinen Fall verpassen will:
Mein ganzes Erwachsenenleben lang habe ich darauf gewartet, Alexander Kluge auf der großen Leinwand zu sehen – also freue ich mich sehr auf „Abschied von gestern“ in der Retrospektive.

Meine erste Berlinale:
1997 auf dem Filmmarkt mit meinem ersten Spielfilm, „The Delta“, mein erster Besuch in Deutschland. Ich fühlte mich wie ein Erstklässler. Alle schienen sich zu kennen.

Ein Festival-Erlebnis, das ich nie vergessen werde:
Der Teddy 2012 für „Keep the Lights on“.

Welchem Helden aus der Filmgeschichte wäre ich am ehesten ähnlich?
Ben Gazzara in „Killing of a Chinese Bookie“. Ich gebe mein Bestes, um ehrlicher Makler zu bleiben im Tingeltangel der Filmindustrie.

Mein Berlinale-Überlebensmittel:
Schnell herausfinden, wo man mittags gut und günstig essen kann.

Tatjana Turanskyj: Science-Fiction mit irren Kostümen

Tatjana Turanskyj
Regisseurin Tatjana Turanskyj zeigte 2014 „Top Girl“ auf der Berlinale.
© Tatjana Turanskyj

Im Kino sitze ich am liebsten...

... immer am Rand – damit ich nach dem Film schnell zum nächsten kann und niemanden störe.

Eine starke Filmszene aus dem letzten Jahr ...

... die tolle Retrospektive „Aufbruch der Autorinnen“ mit Filmen von Regisseurinnen der 60er Jahre. Da habe ich die stärksten Filmszenen gesehen.

Ein Event, das ich auf keinen Fall verpassen will:

die „Woche der Kritik“, die zum zweiten Mal während der Berlinale stattfindet und auf die Podiumsdiskussion von Pro Quote Regie zum Thema „Qualität und Frauenquote“ in der Akademie der Künste. Filme möchte ich natürlich auch sehen – da nehme ich, was ich beim Ticketschalter bekomme.

Ein Festival-Erlebnis, das ich nie vergessen werde ...

... ist meine eigene Berlinale-Premiere von „Eine flexible Frau“ mit Mira Partecke in der Hauptrolle. Das war vor sechs Jahren im Forum.

Welchem Helden aus der Filmgeschichte wäre ich am ehesten ähnlich?

Ich weiß nicht, wer ich bin, aber wer ich gerne wäre: Clint Eastwood – jedes Jahr ein Film.

Ich habe freie Hand, einen Film zu drehen: Mein Thema?

Ein Science-Fiction- Film mit irren Kostümen in hyperrealistischen Landschaften – jenseits von „Mad Max“, aber mit einem Budget von mindestens zehn Millionen.

Mein Festival-Überlebensmittel

Gute Laune!

Julia Jentsch: Mit blauem Bus am roten Teppich

Schauspielerin Julia Jentsch feierte 2004 ihren Durchbruch mit „Die fetten Jahre sind vorbei“.
Schauspielerin Julia Jentsch feierte 2004 ihren Durchbruch mit „Die fetten Jahre sind vorbei“.
© Manfred Thomas

Im Kino sitze ich am liebsten ...

... Mitte, Mitte. Bin gerne nah dran, aber bitte ohne Genickstarre.

Ein Film, der mein Leben verändert hat:
Leben verändert? Andrej Tarkowskis „Stalker“ hat für lange Zeit mein Lebensgefühl verändert. Das passiert immer wieder:  Ein Film bewirkt, dass man die Welt anders sieht. Nach „Tiger and Dragon“ hatte ich wochenlang das Gefühl, ich könnte fliegen.

Bei meiner ersten Berlinale ...
... war ich etwa 13. Diese vielen in die Kinos strömenden Menschen, jeder mit seiner eigenen Kette von Karten in der Tasche! „Und wo gehst Du als Nächstes hin?“

Ein Berlinale-Event, das ich diesmal keinesfalls verpassen will ...
... ist die Premiere von „24 Wochen“.

Ein unvergessliches Festival-Erlebnis:
Wie wir – trotz Nicht-Erlaubnis! – mit dem blauen Bus am roten Teppich in Cannes vorgefahren sind, bei der Premiere von „Die fetten Jahre sind vorbei“.

Mein Festival-Überlebensmittel:
Genügend Schlaf!

Stefan Arndt: Nicht nett vor der ersten Zigarette

Produzent Stefan Arndt.
Produzent Stefan Arndt.
© picture alliance / dpa

Im Kino sitze ich am liebsten …
… in der dritten bis sechsten Reihe, unbedingt unter der Leinwand. Auch zu Gott muss man aufsehen ...

Ein Film, der mein Leben verändert hat:
„Das weiße Band“ von Michael Haneke – danach bin ich meinen Beruf noch konzentrierter angegangen. Und „Emil und die Detektive“: Meine Begeisterung für das Berlin der zwanziger und dreißiger Jahre war geweckt. Und ich erinnere mich genau, wie ich schon als Kind über Kameraführung und Erzählperspektive nachdachte.

Ein starkes Kino-Erlebnis aus dem letzten Jahr:

Das Altern Michael Fassbenders von Sequenz zu Sequenz in „Steve Jobs“.

Meine erste Berlinale?

1984. Mein erster Film war Lars von Triers Debüt „The Element of Crime“, ein Glück! Als Kinomacher konnte ich damals noch fünf Filme am Tag gucken, auch ein Glück!

Festival-Erlebnisse, die ich nie vergessen werde:
Mit Mads Mikkelsen Fahrstuhl fahren. Abendessen mit Terrence Malick und dem Cutter Walter Murch. Und vor allem mit meinen Helden Karl „Baumi“ Baumgartner und Laurens Straub (viel zu früh verstorbene Autorenfilm-Produzenten) stundenlang über Filme reden und Wein trinken.

Ich als Kinoheld?

Keine Frage, Walter Matthau.

Ich habe freie Hand, einen Film zu drehen:

Mein Thema: Glück. Meine Hauptdarstellerin: meine Frau.

Mein Berlinale-Überlebensmittel?
Im Hotel schlafen. Den Kaffee auf dem Zimmer nehmen. Nicht nett sein vor der ersten Zigarette.

Andreas Dresen: Knutschen in der letzten Reihe

Regisseur Andreas Dresen („Halbe Treppe“, „Sommer vorm Balkon“) mit Kostümbildnerin Sabine Greunig.
Regisseur Andreas Dresen („Halbe Treppe“, „Sommer vorm Balkon“) mit Kostümbildnerin Sabine Greunig.
© Manfred Thomas

Im Kino sitze ich am liebsten ...
... zum Knutschen hinten, sonst gerne in der vorderen Mitte, die Leinwand soll schön groß sein.

Ein Film, der mein Leben verändert hat:
„Leuchte, mein Stern, leuchte“ von Alexander Mitta hat nicht unbedingt mein Leben verändert, aber mich nachhaltig beeindruckt.

Eine starke Filmszene aus dem letzten Jahr ...
... wenn die eigentlich eher angepasste Haushälterin aus „Ein Sommer mit Mama“ schließlich gegen alle Regeln im leeren Swimmingpool ihrer reichen Arbeitgeber herumläuft.

Meine erste Berlinale?
1990, nach dem Mauerfall, noch als Filmstudent in Babelsberg. Endlich konnten wir das Festival vor unserer Haustür auch selbst erleben.

Ein Festival-Erlebnis, das ich nie vergessen werde:
Die umwerfend euphorische und für uns völlig unerwartete Publikumsreaktion auf die Uraufführung von „Halbe Treppe“ im Berlinale-Palast und der Silberne Bär für den Film.

Ein Festival-Erlebnis, das ich lieber vergessen würde:
Die unzähligen Erkältungen, die ich mir da schon geholt habe.

Ich wäre ein Kinoheld: Welchem aus der Filmgeschichte wäre ich am ehesten ähnlich?
Den Charakteren, die Woody Allen in seinen Filmen spielt.

Mein Berlinale-Überlebensmittel:

Aspirin.

Oskar Roehler: Abtauchen in einer andere Welt

Oskar Roehler
Oskar Roehler, 57, zeigte viele seiner Werke auf der Berlinale. Unter andrem: "Gierig", "Die Nacht singt ihre Lieder" und "Jud Süß". 2002 war er in der Jury.
© Kai-Uwe Heinrich

Im Kino sitze ich am liebsten ...

... am Rand, zwischen der 10. und der 15. Reihe. In den letzten Jahren bin ich – vielleicht Manifest meines Außenseitertums – immer mehr auf die Seiten ausgewichen. So kann man auch schneller raus, wenn ein Film total langweilig ist.

Ein Film, der mein Leben verändert hat ...

... ganz klar: „Eraserhead“! David Lynchs Debüt ist mir bis ins Mark gegangen, finster und vollkommen hoffnungslos: eine Apotheose des Bösen, das aus Schmerz entsteht.

Ein starkes Kinoerlebnis aus dem letzten Jahr?

Paolo Sorrentinos „Ewige Jugend“. Michael Caine hat mich tief beeindruckt und berührt, und überhaupt erinnert der Film mich in seinem Abstraktionsgrad an das große europäische Kino, insbesondere Fellini, wie es heute nicht mehr existiert. Und er macht mir Lust, selber umzudenken beim Filmemachen; das ist viel.

Ein Berlinale-Erlebnis, das ich nicht vergessen werde ...

... wie ich bei meiner ersten Berlinale, das muss ’83 gewesen sein, einen schrecklichen Liebeskummer im Delphi überwunden habe. Da zeigte das Forum drei geniale amerikanische Independents hintereinander – eine echte Anti-Selbstmord-Therapie! Heute fehlen dort solche politisch unkorrekten Sachen.

Ein Berlinale-Erlebnis, das ich lieber vergessen würde ...

... wie ich mal David Lynch als „German Godard“ vorgestellt wurde. Und das bei meinem Idol! Aber „Godard“ und dann auch noch „german“, das war absolut lächerlich, das nahm mir jede Möglichkeit zum Gespräch.

Als Kinoheld ähnele ich am ehesten ...

.. Norman Bates in „Psycho“. Meine Mutter sitzt ja auch als so ’ne Art Skelett im Keller, verformt langsam meine Gene und ruft mich an: „Oskar, zeig nicht dein wahres Gesicht! Halte durch!“

Jasmin Tabatabai: Es lebe die Berliner Solidarität!

Jasmin Tabatabai
Jasmin Tabatabai, 48, wurde bekannt mit Katja von Garniers "Bandits", der 1997 auf der Berlinale lief. Seither war sie unter anderem mit "Gierig" und "Gripsholm" auf dem Festival.
© dpa/Gregor Fischer

Im Kino sitze ich am liebsten...

... ziemlich weit vorne, in der Mitte und alleine. Damit ich ungestört abtauchen kann in eine andere Welt.

Ein Film, der mein Leben verändert hat.

„Fame“ von Alan Parker, 1980, mit der Musik von Michael Gore. Danach wollte ich auch unbedingt auf so eine coole Schauspielschule mit all den flippigen, kreativen Leuten gehen. Die Realität auf der Schauspielschule Stuttgart sah dann natürlich anders aus...

Eine starke Filmszene aus dem letzten Jahr?

Als Laia Costa in „Victoria“ von Sebastian Schipper Frederick Lau etwas auf dem Klavier vorspielt und er seine Berührtheit nur mit unbeholfenen Gesten ausdrücken kann.

Meine erste Berlinale

1995 war ich mit „Die Mediocren“ im Panorama. Und mit meiner Band Even Cowgirls get the Blues spielte ich auf der Premierenparty im Café Moskau. Unvergesslicher Abend. Ich glaube, Alfred Holighaus tanzte ganz vorne an der Bühne.

Ein Festival-Erlebnis, das ich nie vergessen werde

2008 kamen die Rolling Stones zur Eröffnung. Sie liefen an mir vorbei, und Keith Richards zwinkerte mir zu. Bilde ich mir zumindest ein.

Ein Festival-Erlebnis, das ich lieber vergessen würde

2000 die Premiere von Oskar Roehlers „Gierig“. Ich weiß nicht mehr genau, aus welchen Gründen wir vor dem hiesigen Publikum in Ungnade fielen, aber Oskar wurde von eigenen Kollegen auf der Bühne ausgebuht. Es lebe die Berliner Solidarität!

Wäre ich eine Kinoheldin...

... dann Trinity aus „Matrix“.

Mein Festival-Überlebensmittel

Grippeimpfung.

Alfred Holighaus: Hat seit 1979 keine Berlinale versäumt

Alfred Holighaus
Alfred Holighaus, 57, leitete bis 2010 die Perspektive Deutsches Kino auf
© SPIO e.V.

Im Kino sitze ich am liebsten...

... in der dritten Reihe, halblinks bis Mitte, weil ich im Kino auch gerne im Film bin.

Ein Film, der mein Leben verändert hat

Gleich der erste. „Der Schatz im Silbersee“ 1963. Ich war vier Jahre alt, zum ersten Mal im Kino und bin seitdem bei jedem Kinobesuch auf der Suche nach der Erfahrung, die das Dunkelblau des jugoslawischen Abendhimmel in meinem Kopf und meinem Körper ausgelöst hat.

Eine starke Filmszene aus dem letzten Jahr

Der Tod von Han Solo in „Star Wars – Das Erwachen der Macht“. Vor allem wegen der anschließenden intensiven Trauerarbeit mit meinem Sohn.

Meine erste Berlinale?

1979 – übrigens auch die erste Berlinale von Moritz de Hadeln. Habe seitdem keine mehr versäumt.

Ein Berlinale-Erlebnis, das ich nie vergessen werde

Bei all den tollen Erlebnissen ist die Premiere eines eigenen Films schon etwas Unvergessliches. Also: Berlinale-Special am 13. Februar 2010, Weltpremiere im International: „Spur der Bären – 60 Jahre Berlinale“ von Hans-Christoph Blumenberg und Alfred Holighaus.

Festival-Erlebnisse, die ich lieber vergessen würde

Zwei Knochenbrüche: eine kaputte Kniescheibe als Gastgeber der Perspektive Deutsches Kino 2002 und ein Jahr später ein gebrochener Zeh als Zuschauer (sic!) beim Fußballspiel der Hofer Filmtage.

Welchem Held aus der Filmgeschichte wäre ich am ehesten ähnlich?

Am ehesten nicht, aber am liebsten: Groucho Marx.

Jasmila Žbanic: Ist Pippi Langstrumpf am ähnlichsten

Jasmila Žbanic
Jasmila Žbanic, 41, gewann 2006 mit "Grbavica" den Goldenen Bären. Vier Jahre später zeigte die bosnische Regisseurin "Na putu" im Wettbewerb.
© privat

Im Kino sitze ich am liebsten...

... so weit wie möglich vorne, um ganz in die Welt des Films einzutauchen.

Ein Film, der mein Leben verändert hat.

Alle jugoslawischen Partisanen-Filme, die wir als Kinder sehen mussten. Danach ist man sein Leben lang Antifaschist.

Eine starke Filmszene aus dem letzten Jahr.

Keine Szene, aber „Taxi“ von Jafar Panahi war letztes Jahr mein Lieblingsfilm.

Meine erste Berlinale...

... war 2004. Ich pitchte das Drehbuch von „Grbavica“. Im Berlinale-Palast stellte ich mir vor, wie es wäre, wenn mein eigener Film dort laufen würde und Dieter Kosslick mein Team hereinführt. Ich hatte schon alle Details im Kopf. Als es dann zwei Jahre später wirklich passierte, war es noch viel besser, als ich es mir ausgemalt hatte.

Ein Festival-Erlebnis, das ich nie vergessen werde.

Die Premiere von „Grbavica“ im Berlinale-Palast. Es gab lange stehende Ovationen, Leute weinten, umarmten mich und meine Crew. Das ist eine einzigartige Erfahrung, die mich noch immer motiviert.

Ein Festival-Erlebnis, das ich lieber vergessen würde.

Am Tag nach der „Na putu“-Premiere im Wettbewerb starb meine Mutter in Sarajevo. Ich hatte gerade einige Interviews beendet und rief bei ihr an. Mein Bruder war dran und ich merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Am liebsten wäre ich selbst gestorben, denn meine Mutter und ich waren uns sehr nah.

Die Kinoheldin, der ich am ähnlichsten bin.

Pippi Langstrumpf. Ich glaube fest daran, dass ich ein Pferd mit einer Hand hochheben kann. Außerdem werde ich sehr wütend, wenn Tiere oder Menschen schlecht behandelt werden.

Sie haben freie Hand, einen Film zu drehen. Wen würden Sie casten?
Meryl Streep. Es gibt eine Kurzgeschichte von Ivo Andric, bei der ich immer an sie denke. Sie könnte sogar eine Massenmörderin spielen – man würde sie immer noch lieben.

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