Fotos von Edward Burtynsky: Land aus Stahl
Brillierend und bestürzend: Edward Burtynskys Bildkompositionen in der Galerie Springer überzeugen auf visueller Ebene und regen zum Nachdenken an.
Edward Burtynsky ist ein Meister bedeutender Serien. „China“, „Öl“ oder „Wasser“ lauten die Titel nur einiger seiner auch in Deutschland verlegten großformatigen Fotobücher. Hohen, zugleich kritischen Anspruch erhebt auch jedes seiner Einzelbilder, von denen nun neunzehn aus den Jahren 1995 bis 2016 in der Galerie Springer zum Verkauf stehen: ein Querschnitt aus dem Werk des 1955 in Ontario als Sohn ukrainischer Einwanderer geborenen Künstlers. Jede der Arbeiten sieht auf den ersten Blick aus, als sollte sie den Betrachter überwältigen. Die Farben brillieren und stimmen doch genau, noch das kleinste Detail tritt plastisch hervor. Doch gleichzeitig bestürzen diese bildmächtigen Kompositionen durch das, worauf sie zeigen.
Da versperrt eine lange Reihe aus dreifach übereinander gestapelten Containern den Blick auf das Meer, das wir dahinter vermuten, und für den blassblauen Himmel bleibt nur ein schmaler Streifen. An anderer Stelle dieses Verladehafens in Vancouver verengen noch höher gestapelte Container den Blick auf eine fahle, noch dazu durch einen Zaun abgesperrte Landschaft. Rostiger Stahl zieht den Kanadier in Bangladesh an, wo am Ufer bei Chittagong ausgediente Schiffsriesen in Schrottteile zerlegt werden. Gebannt fokussiert Burtynsky die Braun- und Rottönung der abgewrackten stählernen Wände. Anblicke ganz anderer Art bieten die Salzfelder in Indien, die er aus weiter Ferne ins Auge fasst. Mal heller, mal dunkler, je nach Verdunstung des Wassers, leuchten die Rechtecke als Farbtupfer in der Landschaft. Nirgendwo ist ein Mensch oder ein Auto zu sehen, die einen Aufschluss über die Größenverhältnisse dieser traditionellen Form der Salzgewinnung geben könnten.
Eindrucksvolle fotografische Visionen
Auf den Ölfeldern am Kaspischen Meer ist die Umweltzerstörung ebenso wenig zu übersehen wie in der Umgebung eines Bergwerks in Montana. Öl- und Wasserlachen durchziehen das ausufernde Betriebsgelände, wie eine Fata Morgana leuchtet jenseits eines Waldes aus Fördertürmen das moderne Baku. All diesen eindrucksvollen fotografischen Visionen eignet eine bewusst kalkulierte Ambivalenz.
Wie auch in seinen Dokumentarfilmessays „Manufactured Landscapes“ und „Watermarks“ schwankt Burtynsky heftig zwischen Bewunderung und Distanzierung. Die Faszination des Visuellen droht das Nachdenken zu verschlucken, und doch bleibt ein herber Rückstau aus Unbehagen, womit diese Bilder (zum schwungvollen Preis von 13 900 bis 31 000 Euro) aber durchaus in die Repräsentationsräume einer Konzernzentrale passen würden oder eben ins New Yorker Guggenheim, ins Museum of Modern Art oder ins Reina Sofia in Madrid, wo Burtynsky schon gut vertreten ist. Anders als in den Reportagen des Portugiesen Sebastião Salgado fehlen in Burtynskys Aufnahmen jene, die für den industriellen Reichtum ihre Haut zu Markte tragen.
Galerie Springer Berlin, Fasanenstr. 13; bis 3. 12., Di-Fr 12-18 Uhr, Sa 12-15 Uhr
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